Da sich die Geschichte in Kenia und im Kongo zuträgt, sind Schauwerte ohnehin garantiert. Die Handlung ist allerdings viel zu dicht, um gelegentliche Safaribilder einzustreuen, zumal Lühdorff konsequent darauf geachtet hat, die üblichen Schwarzafrika-Klischees zwischen Exotik und Elend zu vermeiden.
Für optische Intensität sorgen vor allem die immer wieder eingestreuten Erinnerungsbilder: Moritz Wagner (Heino Ferch) war lange Zeit Kriegsfotograf.
Die Erlebnisse in den Krisengebieten haben an seiner seelischen Gesundheit gezehrt und seine Ehe ruiniert. Darum geht es allerdings erst später, denn zunächst muss Wagner einen Schicksalsschlag verkraften: In Kenia wird die Leiche seiner Frau samt ihrem Auto aus einem See geborgen. Farrah ist vor einem Jahr verschwunden, hat aber regelmäßig Postkarten aus Hamburg geschickt, wo sie einst studiert hat; deshalb sind der in Kenia aufgewachsene Fotograf und seine Tochter nach Deutschland gezogen. Bei der Obduktion stellt sich heraus, dass Farrah bereits am Tag ihres Verschwindens ermordet worden ist, weshalb Wagner umgehend nach Mombasa zurückkehrt. Als erstes will er seine Schwägerin Pascalé zur Rede stellen; sie hat gegenüber der Polizei andeutet, er habe Farrah auf dem Gewissen. Doch er kommt zu spät: Sie ist erstochen worden. Bevor sie stirbt, flüstert sie das Wort "Kobold". Später werden seine Fingerabdrücke auf der Tatwaffe entdeckt.
Dramaturgisch entwickelt sich Lühdorffs Drehbuch nun erwartbar: Um seine Unschuld in beiden Fällen zu beweisen, muss der Fotograf die wahren Mörder finden. Unterstützung bekommt er durch die beste Freundin seiner Frau, Caro (Katharina Schlothauer). Ein von Farrah aufgenommenes Foto führt die beiden in den Kongo, wo ihnen schließlich klar wird, dass Pascalés letztes Wort keineswegs "Kobold" war, und nun ist der Film bei seinem Thema: Es geht um die katastrophalen Arbeitsbedingungen in den kongolesischen Minen, wo fast drei Viertel des für die Akkus von Smartphones, Laptops und Elektroautos unverzichtbaren Kobalts abgebaut werden; und um den Balanceakt für die deutsche Wirtschaft, die einerseits die Rohstoff-Abhängigkeit von Russland und China einschränken und andererseits hiesigen moralischen Ansprüchen genügen soll, was die Arbeitsbedingungen in den Herkunftsländern angeht. Wie es Lühdorff gelungen ist, diese Herausforderung in eine zunehmend komplexe Geschichte zu betten, die dennoch in erster Linie durch die zentrale Figur vorangetrieben wird, ist große Drehbuchkunst.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Natürlich hat Heino Ferch das nötige Format für diese Rolle, aber die eigentliche Spannung resultiert aus Wagners innerem Konflikt, den Ferch eher andeutet als ausspielt: Wagner macht sich Vorwürfe, weil er Farrahs Tod indirekt mitverursacht hat, als sich das Paar über den Sinn seiner Arbeit gestritten hat. Damit ist der Film bei seinem zweiten Subtext, der Sinnhaftigkeit fotografischer Berichterstattung über Kriege und Krisen. Die Idee, sich dafür einer Aufnahme zu bedienen, die zu den berühmtesten und erschütterndsten Fotografien der letzten Jahre gilt, ist brillant, zumal Lühdorff dank einer raffinierten Fiktionalisierung des Hintergrunds mitten hinein in sein eigentliches Thema führt. Eindrucksvoll ist auch die Umsetzung: Wann immer diese Handlungsebene zum Tragen kommt, frieren die Bilder zu Schwarzweißfotografien ein; auch Wagners entsprechende Erinnerungen sind so gestaltet. Die Kameraarbeit (Philipp Timme) ist ohnehin ausgezeichnet.
Dass "Tod in Mombasa", größtenteils in Griechenland gedreht, trotz des großen Erklärungsbedarfs dennoch stets ein Thriller bleibt, liegt nicht zuletzt an der guten Spannungsmusik von Oliver Biehler; Dissonanzen verdeutlichen zudem, wie verstörend einige von Wagners Erlebnissen waren. Zur bemerkenswerten Gesamtqualität trägt nicht zuletzt die Leistung von Samirah Breuer bei, die als Wagners Tochter Aluna fast ausschließlich emotionale Szenen hat, ihre Sache aber exzellent macht. Auch die einheimischen Mitwirkenden sind sehr gut ausgewählt. Dass sich Wagner und Caro mit ihnen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, auf Englisch und Französisch verständigen, ist ein weiterer Beleg für den Anspruch des Films.