"Man hat sich sehr in seinem komfortablen Privatleben eingerichtet und man nimmt nicht hinreichend wahr, wie ernsthaft die Bedrohungen für unsere Demokratie inzwischen geworden sind", sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit dem ARD-Politikmagazin "Kontraste".
Haldenwang äußerte den Wunsch, "dass die Mitte der Gesellschaft, die schweigende Mehrheit in diesem Land, wach wird und endlich klar Position bezieht gegen Extremismus in Deutschland". Der BfV-Präsident verwies auf eine Gleichgültigkeit "gegenüber dem Erstarken bestimmter Parteien" und auf den Umgang mit Antisemitismus.
Im gesamten Jahr 2022 habe es mehr als 2.600 registrierte antisemitische Straftaten in Deutschland gegeben, sagte Haldenwang. In den drei Monaten seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 seien bereits deutlich mehr als 1.200 judenfeindliche Straftaten hierzulande zu verzeichnen. Der 7. Oktober sei somit auch für Deutschland eine Zäsur.
Antisemitismus habe sowohl quantitativ wie qualitativ eine neue Dimension erreicht, erklärte der Verfassungsschützer. Dass auf Deutschlands Straßen wieder Davidsterne an Häuser gemalt und Synagogen mit Brandsätzen attackiert würden, sei "eine völlig neue Qualität", sagte Haldenwang. "Es ist eine Schande, es ist beschämend, wie in dem Land, von dem der Holocaust ausgegangen ist, wie offen inzwischen Antisemitismus gezeigt wird", verurteilte der BfV-Präsident Judenhass.