Es ist das eingetreten, was Experten befürchtet hatten. Tausende Bauern waren am Montag dem Protestaufruf des Deutschen Bauernverbandes gefolgt und gegen die Kürzung von Agrar-Subventionen aufgefahren. Doch auch rechtsautoritäre Akteure mischten sich unter die Demonstrierenden. Die breiten Proteste in den Städten seien nach Einschätzung von Rechtsextremismus-Forscherin Pia Lamberty von rechten Kräften instrumentalisiert worden. Die Ampel-Regierung hatte zuvor angekündigt, den Großteil der geplanten Kürzungen der Subventionen zurückzunehmen.
Pia Lamberty sagte dem epd: "Die Querdenken-Bewegung und andere rechte Netzwerke springen auf das legitime Protestanliegen der Landwirte auf und wollen sie für sich nutzbar machen. Wie die Geschäftsführerin des Berliner Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMas) unterstricht zeige sich Typisches für rechte Netzwerke: Selbst wenn die Querdenker im vergangenen Jahr weniger Menschen mobilisiert hätten, gelinge es rechten Kräften sehr schnell, ihre Netzwerke zu reaktivieren, wenn sich ein Anlass biete. Das sehe man an den Bauern-Protesten seit Ende Dezember.
Rechtsextreme besetzen die Themen Landwirtschaft und Naturschutz
Schon seit Längerem beobachtet Lamberty nach eigener Aussage, dass Rechte und Rechtsextreme die Themen Landwirtschaft und Naturschutz für sich besetzen. Die Bauern-Proteste passten zu diesem Anliegen. "Es gibt gerade großflächige Mobilisierungsaufrufe zu einem sogenannten Generalstreik parallel zu den Demo-Aufrufen des Bauernverbands", sagte Lamberty. "Dabei geht es nicht um die Anliegen der Bauern, sondern darum, das Vertrauen in die Demokratie auszuhöhlen." Zusammenschlüsse wie die Freien Bauern, die am Montag zur Demonstration vor dem Brandenburger Tor aufgerufen hatten, wollten nicht nur die Straße für sich nutzen. Es gehe auch um die Diskurshoheit im Internet und den Kampf um eindrucksvolle Bilder.
Rechte wollen das Vertrauen in die Demokratie aushöhlen
Lamberty lobte die Distanzierungen des Deutschen Bauernverbands und seines Vorsitzenden Joachim Rukwieds von rechten Bestrebungen. Es sei jedoch wichtig, auch Grenzen für das Verhalten bei den Demonstrationen zu definieren. Das Zeigen von Galgen wie etwa bei der Demonstration vor dem Brandenburger Tor müsse unterbunden werden. "Die Bauern schaden sich und ihren Anliegen selbst, wenn die Abgrenzung nicht deutlich genug ist", sagte sie.
Auch wenn die Mehrzahl der Demonstrierenden ihrer Einschätzung nach derzeit noch aus dem Agrarsektor stamme, gebe es derzeit keine inhaltliche Debatte über die Anliegen der Bauern, sondern nur über die Proteste. Was dort Negatives passiere, werde den Landwirten angelastet. Daher wäre eine Absage der Protestaktionen für Montag seitens der Verbände auch eine Option gewesen, um sichtbar zu machen, wer da auf die Straße gehe.
Bauernverbände müssten auch nach innen aufklären, wie man rechte Propaganda etwa in WhatsApp-Chats erkenne. Denn mit Blick auf die Landtagswahlen in den östlichen Bundesländern sei zu erwarten, dass die AfD unter den Landwirten Zustimmung generieren und sich deren Unzufriedenheit zunutze machen wolle.