Die Kirchenpräsidentin ist seit einem Jahr Sprecherin der kirchlichen Beauftragten im Beteiligungsforum der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). In dem Gremium beraten Betroffene und Kirchenvertreter gemeinsam über die Aufarbeitung und Konsequenzen von Missbrauchsfällen.
Betroffene von sexualisierter Gewalt könnten sich bei kirchlichen oder auch nicht-kirchlichen Anlaufstellen wie "help" melden und ihre Ansprüche geltend machen, sagte Wüst. "Die Menschen finden offene Ohren in der Kirche", betonte sie.
In der medialen Berichterstattung werde häufig der Eindruck erweckt, die evangelische Kirche gehe mit dem Thema Missbrauch intransparent um und fahre eine Vertuschungsstrategie, beklagte Wüst. Tatsächlich bemühe sich die evangelische Kirche ernsthaft darum, das Thema aufzuarbeiten und weitere Missbrauchsfälle zu verhindern. Beim Schutz der Menschen habe die Kirche allerdings in der Vergangenheit versagt, räumte die Kirchenpräsidentin ein.
Wüst sprach sich für staatliche Rahmenbedingungen für die Aufarbeitung von Missbrauch in der Kirche aus. Für die Arbeit des Beteiligungsforums wäre dies eine Erleichterung. Mehr als 850 Missbrauchsfälle sind EKD-weit bekannt, die Dunkelziffer wird aber weitaus höher geschätzt.
Problematisch für die Aufarbeitung von Missbrauch ist es nach den Worten von Wüst, dass sich Betroffene scheuten, sich an die Kirche zu wenden, die als "Täterorganisation" gesehen werde. Neben den finanziellen Anerkennungsleistungen für widerfahrenes Leid gebe es auch Beratungsangebote oder psychologische Begleitung innerhalb und außerhalb der Kirche.
Das vor eineinhalb Jahren gegründete Beteiligungsforum der EKD verfüge über "eine funktionierende Struktur, es ist ein Meilenstein", sagte Wüst. Das Gremium mit neun Kirchenvertretern und acht Betroffenenvertretern entscheide bei der Aufarbeitung von Missbrauch und bei der Prävention gemeinsam.