Schlicht "Triff die Eltern" ("Meet the Parents") hieß jene Hollywood-Komödie, die hierzulande im Jahr 2000 unter dem Titel "Meine Braut, ihr Vater und ich" in die Kinos kam und seither als Vorbild für vermutlich Dutzende Variationen des immergleichen Handlungskerns diente. Den haben die Macher damals zwar nicht erfunden, aber ihr Film kann nach wie vor als Prototyp all’ jener Geschichten gelten, in denen Männer und Frauen auf ihre zukünftigen Schwiegereltern treffen.
Für die turbulente Familienkomödie "Zwei Weihnachtsmänner sind einer zu viel" hat Drehbuchautor Christof Ritter (nach einer Vorlage von Arne Ahrens) die Rahmenbedingungen auf die Spitze getrieben: Eigentlich wollen Karo und Lasse (Marie Borchard, Serkan Kaya) ihr erstes gemeinsames Weihnachtsfest allein verbringen; die Patchwork-Konstellation mit ihren beiden kleinen Kindern und seiner aufmüpfigen Teenager-Tochter Toni (Joone Dankou) ist ohnehin schon schwierig genug. Doch natürlich kommt alles ganz anders, denn plötzlich finden sich nicht nur die Väter und Mütter, sondern auch noch weitere ungebetene Gäste ein.
"Schrille Nacht, heilige Nacht" lautete der durchaus treffende Arbeitstitel des Films, denn was sich nun abspielt, ist das Resultat gleich mehrerer kultureller Schockerlebnisse. Während Lasses Adoptiveltern Bernd und Lizzie Hoffmann (Joachim Król, Ulrike Krumbiegel) geradezu gnadenlos dem Hippie-Klischee entsprechen, sind Wilfried und Angelika Schneider (Rainer Bock, Imogen Kogge) das exakte spießbürgerliche Gegenteil. Bernd ist zudem Major a.D, was nicht nur zu der offenkundig absurden, aber selbstredend unvermeidlichen Frage führt, ob Lasse gedient habe, sondern auch zu weiteren Meinungsverschiedenheiten; erst recht, als sich rausstellt, dass die Hoffmanns in einem zum Campingmobil umgebauten Militärfahrzeug durch die Weltgeschichte gondeln. Als zu allem Überfluss auch noch Karos zukünftiger Ex-Mann (Sebastian Schwarz) auftaucht, um die noch nicht geschiedene Gattin zurückzugewinnen, und ein von Lasse um sein Kostüm gebrachter verbitterter Weihnachtsmann (Stephan Grossmann) auf Rache sinnt, ist das Chaos komplett.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Regie führte Neleesha Barthel. Ihr Erstlingswerk "Marry Me!" (2015), eine mit vielen überraschenden Zutaten gewürzte Multikulti-Kinokomödie, war ein Versprechen, das ihre Fernsehfilmarbeiten "Ein schrecklich reiches Paar" (2017) und "Verborgen" (2023), ein etwas spannungsarmer "Tatort" Krimi mit Wotan Wilke Möhring über das Schicksal schwarzafrikanischer Flüchtlinge, nur bedingt einhalten konnten; dazwischen hat sie neben einigen Serienepisoden immerhin auch "Zum Glück gibt’s Schreiner" (2020) gedreht, eine sympathische Komödie mit Henriette Richter-Röhl als Anwältin, die sich "sozial abwärts" verliebt. Mit "Zwei Weihnachtsmänner sind einer zu viel" knüpft Barthel nun erfolgreich an ihr Debüt an, wobei die Komödie neben den vielen originellen und flott inszenierten Einfällen vor allem durch das vielköpfige prominente Ensemble erfreut. Gerade Król, Krumbiegel, Bock und Kogge haben spürbar Spaß an ihren Rollen, zumal das erfahrene Quartett im Vergleich zur mitunter etwas übereifrigen Marie Burchard eher zurückhaltend agiert und nicht um jeden Preis komödiantische Akzente setzen will.
Natürlich haben es sich Ritter und Barthel nicht nehmen lassen, den Kontrast zwischen den Großvätern weidlich auszukosten. Beim Wettbewerb, wer der härtere Kerl ist, können nur beide verlieren. Immerhin offenbart Wilfried ungeahnt weiche Seiten, als er ahnungslos von Bernds selbstgebackenen und mit Pilzen aus Guatemala versetzen Keksen nascht. Die Hoffmanns haben alle bürgerlichen Konventionen hinter sich gelassen und auch Lasse in diesem Sinn erzogen; seine großzügige Berliner Altbauwohnung war einst ihre Kommune. An den Weihnachtserwartungen seiner Verlobten, deren Eltern Heiligabend stets generalstabsmäßig zu planen pflegen, kann er nur scheitern. Sinnbild für seinen guten Willen ist die windschiefe Tanne, die er kurzerhand geklaut hat, weil alle Weihnachtsbäume längst ausverkauft waren.
Ideen wie diese hat Ritters Drehbuch am laufenden Band zu bieten, und Barthels Inszenierung sorgt dafür, dass sie alle zur Geltung kommen. Ein echtes Kleinod ist auch Lasses selbstgebastelter Heiratsantrag. Szenen- und Kostümbild (Eduard Krajewski, Teresa Grosser) haben mit ihrer Liebe zum Detail ohnehin einen nicht zu unterschätzenden Anteil daran, dass "Zwei Weihnachtsmänner sind einer zu viel" nicht nur dank der bissigen Dialoge und der heiteren Slapstickmomente ein äußerst unterhaltsamer Film geworden ist.