Das Mädchen mit den blauen Augen
Das Mädchen mit den blauen Augen. Nach dem Roman von Michel Bussi. Szenario: Fred Duval. Ill. von Nicolai Pinheiro. Dt. von Tanja Krämling. Bielefeld: Splitter 2022. 173 S. Aus d. Franz. ISBN 978-3-96792-299-8, geb.: 35,00 €
Graphic Novel-Krimi über die Verwechslung von Babys nach einem Flugzeugabsturz und die komplexen Folgen.
Die Adaption des im frankophonen Raum preisgekrönten Romans von Michel Bussi (dt. 2015) ist überaus gelungen. Wenn man darüber hinwegsieht, dass manche Teile des Plots recht konstruiert sind, und sich trotzdem auf die Geschichte und die oft dynamisch wirkenden Bilder einlässt, erlebt man eine abwechslungsreiche Geschichte. Alles dreht sich um die ungeklärte Identität einer jungen Frau, die im Alter von wenigen Monaten 1980 als Einzige einen Flugzeugabsturz in den französischen Alpen überlebt hat. Ein Detektiv soll klären, wer ihre Eltern waren: ein armes Paar aus der Normandie oder ein megareiches aus Paris. Dabei darf man ihn als Leserschaft begleiten. Nach vielen Wendungen und Zeitsprüngen, die aber durch die Art der Darstellung gut nachvollziehbar sind, kommt es zu einem überraschenden Ende. Das Werk zeichnet sich nicht nur durch die gut komponierte Story aus, sondern ist auch besonders zeitlos. Zudem ist es durchaus als Einstieg in das Graphic Novel-Segment für typische Roman-Leserinnen und -Leser denkbar.
Tobias Behnen
Jim Hawkins
Vastra, Sébastien: Jim Hawkins. Frei nach dem Roman "Die Schatzinsel" von Robert Louis Stevenson. Dt. von Tanja Krämling. Bielefeld: Splitter 2022. 172 S. Aus d. Franz. ISBN 978-3-96792-367-4, geb.: 35,00 €
Eine Graphic Novel frei nach dem Roman "Die Schatzinsel" von Robert Louis Stevenson.
Jim lebt mit seiner Mutter in einem Gasthof und träumt davon, eines Tages aufs Meer hinauszufahren und Abenteuer zu erleben, als plötzlich ein alter Seefahrer namens Billy auftaucht, dem einige Verfolger auf den Fersen sind. Jims Leben nimmt eine unvorhergesehene Wendung, als ihm eine Karte in die Hände fällt, die zum Schatz des legendären Piratenkapitäns Flint führen soll. Schnell ist ein Schiff und eine Crew gefunden, um den Schatz zu finden. Doch erst im Verlauf der Reise wird dem Jungen bewusst, dass ein Großteil der Crew aus den ehemaligen Mitgliedern von Käpt’n Flints Bande besteht, die ebenfalls Jagd auf die verlorenen Reichtümern machen. Dabei ist ihnen jedes Mittel recht, um ihr Ziel zu erreichen. Der Comic ist farbig und detailreich gestaltet. Es gelingt dem Autor, die schönen als auch unheilvollen Ereignisse der Geschichte ausdrucksstark einzufangen. Die Charaktere wurden entsprechend ihrer Eigenschaften als Tiere dargestellt.
Stefanie Schmettlach
Der nasse Fisch
Jysch, Arne: Der nasse Fisch. Arne Jysch. Nach dem Roman von Volker Kutsch. Hamburg: Carlsen 2018. 219 S. ISBN 978-3-551-78590-9, geb.: 20,00 €
Graphic-Novel-Version eines Kriminalromans über die 1920er-Jahre, der Grundlage für die TV-Serie "Babylon Berlin" war.
1929: Der junge Gereon Rath, Sohn des Kriminaldirektors von Köln, wird aufgrund unschöner Vorfälle von Köln nach Berlin versetzt und soll dort bei der Sitte ein eher unauffälliges Dasein fristen. Daraus wird allerdings nichts, denn schnell findet sich Gereon mitten in einer Mordermittlung wieder, die mit Drogen, Korruption und Gold zu tun hat. Und um das eine oder andere Abenteuer mit Frauen kommt er ebenfalls nicht herum. Typisches Graphic-Novel-Futter also: Politik, Spannung und ein wenig Erotik sind die Zutaten für diese Romanadaption. Hin und wieder kommt der Text zwar etwas gestelzt daher, insgesamt aber überzeugen Story und grafische Aufmachung. Die interessanten Perspektiven und die Abwechslung zwischen textintensiven und bildintensiven Passagen bieten eine angenehme Leseerfahrung. Aktuelle Relevanz gewinnt die Graphic Novel durch ihren Bezug zur Fernseh-Serie "Babylon Berlin". Eine Graphic Novel, die insgesamt ein gutes Leseerlebnis bietet. Empfohlen für Interessierte an der Geschichte des 20. Jahrhunderts und/oder an Kriminalgeschichten.
Marcel Lorenz
Farm der Tiere
Farm der Tiere. Nach George Orwell. Rudolphe u. Patrice Le Sourd. Dt. von Anja Kootz. München: Knesebeck 2023. 47 S. Aus d. Franz. ISBN 978-3-95728-747-2, geb.: 20,00 €
Gute Comicadaption der berühmten Parabel von George Orwell.
In deutschen Comicregalen kommen ja bekanntlich Graphic Novels gut an, die sich klassischem Literaturstoff widmen. Der Knesebeck Verlag hat sich jetzt George Orwells berühmter Parabel auf die Geschichte der Sowjetunion und den Aufstieg und Niedergang des Sozialismus gewidmet. In einem großformatigen Band auf 50 bunt bebilderten Seiten wird die Geschichte des Bauernhofs, der sich aus den unterdrückerischen Händen der Menschen befreit, erzählt. Die französischen Künstler und Texter "Rodolphe" und Patrice Le Sourd haben dafür sehr schöne Bilder gefunden. Auf jeder Seite finden sich zahlreiche Panels, die in leicht verblassten, chromatischen Farben den Kampf der Tiere darstellen. Das ursprünglich sehr schmale Erzählungsbändchen ist dabei sehr gut als Comicvorlage geeignet. Natürlich ist diese Tiererzählung von 1945 aber kein Kinderbuch, sondern eine Parabel aus der Zeit des Stalinismus. Dennoch ist sie auch für Jugendliche als Einstieg in die Auseinandersetzung mit der Geschichte von totalitären Systemen geeignet.
Christian Prange