Felicianus und Maria sind im Gemeindebrief von Weye bei Bremen die Hauptfiguren. Sie sind in der Tat zwei aufgeweckte und kluge Geschöpfe. Die beiden stellen genau die Fragen, die alle schon einmal wissen wollten, aber nie gefragt haben.
Die Idee für die beiden Comicfiguren hatte Redakteur Rolf Lange im Jahr 2019, als er die Gestaltung des Gemeindesbriefs "Begegnung" der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Felicianus übernahm. Zuvor war der Brief ein "zusammengeheftetes Blättchen in Schwarz-Weiß", berichtet er. Daraus wollte er etwas ganz Neues machen, "ein Projekt, eine Herausforderung" ins Leben rufen. "Ich will nicht mit den Gemeindemitgliedern zum Mond fliegen", erzählt er, "aber ich möchte die Menschen für neue Ideen begeistern!"
"Sein" Gemeindebrief erhielt den Sonderpreis "Jugend". Die Geschichten von Maria und Felicianus begeistern aber keineswegs nur die Jungen, sie gefallen allen Generationen. Seit Lange den Brief neu aufgestellt hat, gibt es nicht nur ein neues, farbiges Design und Comicfiguren, sondern auch viel mehr Inhalt. Neben den Ankündigungen, was in der Gemeinde passiert oder geplant ist, gibt es alle zwei Monate ausführlichere Artikel zu aktuellen und Themen, die der Jahreszeit entsprechen.
Spannende Preisverleihung
Bei der feierlichen Preisverleihung in Hannover war die Spannung groß. Keiner der Preisträger:innen wusste im Vorfeld, wer einen Preis bekam. Alle Teilnehmer hatten lediglich eine Einladung erhalten.
Die Jury bestand aus Journalis:tinnen und kirchlichen Medienprofis, die nach Kriterien wie Inhalt, Layout, redaktioneller Qualität, Fotoauswahl und Titelgestaltung auswählten. Auch individuelle Besonderheiten und Merkmale wurden in die Bewertung mit einbezogen. "Überzeugen Sie uns!" hieß es in der Ausschreibung, "Ihre Kreativität kennt keine Grenzen. Bewährte Formate stehen neben neuartigen Gestaltungsformen. Wir sind gespannt auf Ihre Ideen!"
Die Jury war dann über die Qualität der Einsendungen sehr beeindruckt. Jurymitglied, NDR Journalistin Bettina Tietjen, zur Qual der Wahl der insgesamt 67 eingereichten Briefe: "Das waren alles kleine Kunstwerke – so liebevoll, so abwechslungsreich, so informativ und künstlerisch toll gestaltet." Die Auswahl fiel nicht leicht, dann aber standen die Preise fest.
Wie bei einer Oscar-Verleihung
"And the winner is" - Pastor Bernd Niss kam sich vor wie bei der Oscar Verleihung. Er und das Redaktionsteam des "Laurentius Boten" der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde St. Laurentius Liebenau und Wellie saßen bei der Preisverleihung auf heißen Kohlen. "Als alle Sonderpreise bereits verliehen waren", erzählt er, "warteten wir dort voller Spannung. Als wir auch bei der vorletzten Vergabe nicht genannt wurden, dachten wir: 'Was, wenn jetzt hier nur Gewinner sitzen?' Dann haben wir den ersten Preis gewonnen und konnten es eigentlich gar nicht fassen." Vor allem die gelungene Verbindung von Design, Fotos und redaktionellen Inhalten überzeugte hier die Jury.
2021 wurde der "Laurentiusbote" neu aufgelegt. Er ist ein beeindruckendes Magazin mit vielen Fotos, jeweils einem Schwerpunktthema für jede Ausgabe und erscheint vier mal im Jahr. Was vorher eine Art Mitteilungsblättchen für die Gemeinde war, ist heute ein ansehnlich gestaltetes Medium mit gut geschriebenen Artikeln und Geschichten, die zum Nachdenken anregen.
Ein Papierschiffchen im Wasser ziert das Titelbild. Das Motiv führt in das Thema Taufe ein. Kleine Untertitel auf der Titelseite wünschen "Allzeit gute Fahrt" und motivieren kurzweilig mit Aufforderungen wie "Frag den Luther." In seiner Laudatio stellte Landesbischof Ralf Meister fest: "Das ist moderne Bild- und Textsprache, eine niedrigschwellige Einladung zum Lesen. Denn dieses Gemeindemagazin macht schon mit dem Titelbild Lust zum Blättern."
Der zweite Platz ging an die Kirchengemeinden St. Sixti und Corvinus Northeim und St. Martini Langenholtensen für ihr Magazin "Nortsicht". Die prämierte Ausgabe erschien im Frühjahr 2023 mit dem Schwerpunktthema "Atmen". Im Inhalt ging es um Gedanken zur Atemlosigkeit unseres umtriebigen Lebens. Ansprechende Texte, gute Fotos und das professionelle Layout wurden von der Jury als herausragend empfunden, die Übersichtlichkeit der Informationen aus drei Gemeinden als beispielhaft.
Der "Kirchenbote", Gemeindebrief der Kirchengemeinde Zwölf Türme im Kirchenkreis Peine, gewann den dritten Platz. Die Jury fand, dass der Kirchenbote besonders die Verbundenheit der Gemeinden in der Region zeigt. Ein klares Farbkonzept, übersichtliche Gestaltung und ein konsequent klarer Satzspiegel sorgen dafür, dass es ein Genuss sei, diesen Gemeindebrief zu lesen, so die Einschätzung der Jury.
Acht Sonderpreise für besondere Kategorien
Neben den ersten drei Plätzen wurden weitere acht Sonderpreise für besondere Leistungen zu Spezialthemen prämiert: Die Kategorie "Konstant gut" ging an den Kirchenkreis Emsland-Bentheim, den Sonderpreis "Jugend" gewann die Kirchengemeinde Weyhe, die Kategorie "Regionaler Bezug" gewann die Kirchengemeinde Innerstetal, der Sonderpreis "Thema" ging an die Gemeinde St. Dionysius. Weitere Kategorien waren "Alternative Formen" für die Kirchengemeinde Estorf, "Layout-e" gewann die Kirchengemeinde Wetschen, "Beste Fotoauswahl" der Kirchenkreis Uelzen und unter dem Motto "Titelgestaltung" wurde der Gemeindebrief Winsen/Luhe prämiert.
Den Preis "Regionaler Bezug" erhielt die Kirchengemeinde Innerstetal bei Salzgitter. Der Brief "Innersteblick" überzeugte durch ein intensives Nah-Dran am Leben in der Gemeinde.
Der Sonderpreis für die "Beste Fotoauswahl" erhielt das "Gemeinde Magazin" der Kirchengemeinde Bevensen-Medingen. "Perfekt, super, einfach fantastisch!" stellten die Jurymitglieder entzückt fest, als sie die professionell fotografische Inszenierung sowie das Layout betrachteten.
Kein Gemeindebrief ohne Ehrenamtliche
"Alle eingereichten Gemeindebriefe zeugen von dem hohen Engagement der zumeist ehrenamtlichen Redakteur:innen und einer großartigen Kreativität im Blick auf die Inhalte wie auch die grafische Gestaltung." Würde man alle Gemeindebriefe als eine einzige Zeitung betrachten, wäre sie die auflagenstärkste Publikation im Land." so Joachim Lau, Direktor der Evangelischen Medienarbeit der Landeskirche Hannover.
Für das Schreiben, Fotografieren oder Verteilen der Briefe in den Haushalten gibt es in der Regel kein Budget. Die Motivation am Produkt mitzuwirken ist dennoch enorm hoch: "Es macht Spaß gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen und wenn es dann auch noch prämiert wird, umso mehr!" berichtet Rolf Lange aus Weye.
Gemeindebriefe besitzen Auflagen, die sich sehen lassen können: Beim letzten Gemeindebriefpreis im Jahr 2020 wurden 188 Briefe eingereicht. Diese Briefe erreichten innerhalb der Landeskirche Hannover pro Ausgabe nahezu 1,8 Millionen Leser:innen. Eine Zahl, die so manches Verlagshaus neidisch machen könnte. Dazu kommen immer mehr Downloads über die Webseite der Gemeinden, denn fast alle Briefe sind inzwischen auch als PDF online zu haben.