Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Verantwortungsbereich des Bistums Trier empfiehlt "dringend" eine verbesserte Aktenführung. Auch in der jüngeren Vergangenheit hätten "Versäumnisse bei der Führung von Sach- und Personalakten den Informationsstand der Verantwortlichen beeinträchtigt und rasche, falladäquate Reaktionen bei Missbrauchsfällen vereitelt", heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten zweiten Zwischenbericht.
Die Initiative "Missbrauchsopfer & Betroffene im Bistum Trier" (MissBiT) sieht darin ein "vernichtendes Urteil" für die bischöfliche Aktenführung: "Die mangelhafte Aktenführung ist bisher in jeder Studie kritisiert worden; das wird nicht ernst genommen."
Vernichtendes Urteil für bischöfliche Leitung
Positiv bewertete die Kommission wiederum die Einrichtung von bistumsinternen Arbeitsgruppen, die unter anderem eine unabhängige Ombudsstelle sowie eine "Koordinierungsstelle Akteneinsicht" umsetzen. Die Ombudsstelle werde "ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer nachhaltigen Betroffenenorientierung sein, der weit über die Grenzen des Bistums hinaus Anstoß sein kann, den Anliegen und Bedürfnissen von Betroffenen sexuellen Missbrauchs besser als bisher gerecht zu werden". Sie sollte organisatorisch und finanziell unabhängig konzeptioniert sowie implementiert werden, forderte die Aufarbeitungskommission.
Mit Blick auf die Akteneinsicht für Betroffene wirbt die Kommission für "eine erschöpfende und zügige Einsicht in alle Unterlagen und Datenbestände", die mit ihrem Missbrauch zusammenhingen, soweit keine überwiegend schutzwürdigen Interessen anderer Personen, wie beispielsweise anderer Betroffener, beeinträchtigt werden. Alle relevanten Unterlagen und Akten, auch außerhalb des Bistums Trier, sollten den Betroffenen zugänglich sein. "Die Daten der Akten und Unterlagen der verschiedenen Provenienzen sind zusammenzustellen und zur Akteneinsicht regelbasiert vorzubereiten", heißt es in dem Bericht.
Ähnlich äußert sich MissBit. Schon allein aus Nachweisgründen bei anstehenden Schmerzensgeldprozessen sei die bedingungslose Akteneinsicht für Betroffene nötig.
Die Kommission hatte im Jahr 2021 ihre auf sechs Jahre angelegte Arbeit aufgenommen. Mitglieder sind der frühere rheinland-pfälzische Justizminister Gerhard Robbers (SPD), Uwe Christoffer und Karl-Horst Wirz für den Betroffenenbeirat, die Psychologin Petra Hank und der Historiker Lutz Raphael von der Universität Trier, der frühere Abteilungsleiter im Saar-Sozialministerium, Herbert Heyd, sowie die Direktorin des Trierer Bistumsarchivs und Kanzlerin der Bischöflichen Kurie, Monica Sinderhauf.
Nach derzeitigem Stand einer begleitenden Studie sind bisher die Fälle von 579 Opfern und von 227 Beschuldigten im Zeitraum von 1946 bis 2021 dokumentiert. Bei der Vorlage des ersten Zwischenberichts im vergangenen Jahr waren 513 Betroffene und 195 Beschuldigte bekannt.