Die Anerkennung erlittenen Unrechts sei keine Frage, in der die oft zitierte evangelische Vielfalt gelebt werden könne, sagte Gremiumssprecher auf Betroffenenseite, Detlev Zander, am Dienstag in seinem Bericht vor der EKD-Synode in Ulm.
Für die Betroffenen sei es wichtig, dass nun tatsächlich Einheitlichkeit zwischen den Landeskirchen und ebenso ein verbindlicher Einbezug der Landesverbände der Diakonie gelinge. Die bisherigen Fallzahlen sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche zeigen, dass ein großer Teil der Betroffenen in Einrichtungen der Diakonie zum Opfer geworden ist.
Auf der Synodentagung legte die Arbeitsgruppe "Anerkennung" des Beteiligungsforums, das paritätisch mit Betroffenen auf der einen sowie Kirchenmitarbeitenden und -verantwortlichen auf der anderen Seite besetzt ist, ihren Vorschlag für einheitliche Verfahren vor. Nach ihren Angaben gibt es trotz einer Musterordnung immer noch Unterschiede zwischen den einzelnen Verfahren der Landeskirchen. Die Gruppe plädiert nun für eine EKD-weite Norm und fordert Anerkennungskommissionen, die mehrheitlich mit kirchenexternem Personal besetzt sind. Zur Höhe möglicher Entschädigungszahlungen äußerte sich die Arbeitsgruppe nicht. Dazu stünden noch weitere Diskussionen an, heißt es dazu im Bericht.
Weiter erinnerte Pastor Matthias Schwarz aus dem Betroffenenforum auf der EKD-Synode an die Hindernisse, die Betroffene sexualisierter Gewalt immer überwinden müssten, um anerkannt zu werden. "Wenn ich erst einen achtseitigen Antrag ausfüllen muss, von dem ich nicht weiß, in welche Hände der gerät", dann sei das eine Barriere, sagt Schwarz. Solange Betroffene als Bittsteller auftreten müssten, so lange passe "der Begriff Anerkennung" nicht. Die Anerkennung des Leids müsse auch in Zeiten leerer Kassen gewährleistet werden, denn es gehe um Glaubwürdigkeit der Kirche.
Die pfälzische Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst, Sprecherin der kirchlichen Beauftragten im Forum, gab bei der Synode bekannt, dass die seit Langem verhandelte gemeinsame Erklärung von Kirche und Diakonie mit der unabhängigen Missbrauchsbeauftragten Kerstin Claus inzwischen finalisiert sei und am 13. Dezember von Claus, der EKD-Bevollmächtigten Anne Gidion und dem Diakonie-Präsidenten Ulrich Lilie in Berlin unterzeichnet werden soll. Darin sollen Standards für die Aufarbeitung von Missbrauch festgelegt werden. Eine solche Erklärung zwischen der Beauftragten und der katholischen Kirche gibt es bereits.
Die evangelische Kirche plant Wüst zufolge für die weitere Aufarbeitung neun Verbünde, in denen sich Landeskirchen und diakonischen Verbände zusammenschließen wollen. Deren Mitglieder sollen vor allem Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Fachpraxis, Justiz und öffentlicher Verwaltung sein. Vertreter der Landeskirchen und der Diakonie werden Wüst zufolge dort in der Minderheit sein.