"Wie hältst du es mit der Kirche?", diese zentrale Fragestellung überschreibt die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung. Volker Jung, Medienbischof der EKD, sagte anlässlich der Vorstellung der Ergebnisse, dass 80 Prozent aller Befragten davon ausgehen, dass Kirche sich verändern müsse, wolle sie eine Zukunft haben. Aus diesem Grund sei es bedeutend, zu überlegen, was soll Kirche genau tun?
Laut Befragung sollen Kirchen vor allem mehr Beratungsstellen für Menschen in schwierigen Lebenssituationen anbieten, sich für Geflüchtete einsetzten und sich im Klimaschutz engagieren. Und es sei Fakt, "über Religion wird vor allem innerhalb der Kirche gesprochen", sagte Volker Jung. "Damit wir von allen Menschen gehört werden, müssen wir unsere Sprache überdenken."
Derzeit ist laut der Studie noch eine knappe Mehrheit der Deutschen christlich-konfessionell gebunden. Zähle man die Mitglieder aller christlichen Konfessionen, auch der Orthodoxen und Freikirchen zusammen, machte deren Bevölkerungsanteil Ende 2022 52 Prozent aus. Nach derzeitigem Trend werde 2024 der Anteil der christlich-konfessionell Gebundenen unter 50 Prozent sinken. Die Konfessionslosen würden voraussichtlich Ende der 2020er Jahre die 50-Prozent-Marke überschreiten und damit auch die absolute Bevölkerungsmehrheit stellen, sagte Christopher Jacobi, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD, bei der Vorstellung der Studie vor den 128 Mitgliedern des Kirchenparlaments.
Kirchenbindung und Religiosität nehmen schneller ab als erwartet
Religiöse Menschen sind laut der Studie in der Gesellschaft schon heute deutlich in der Minderheit. 13 Prozent der Befragten verstehen sich als kirchlich-religiös, 25 Prozent als religiös-distanziert, 56 Prozent sind Säkulare, denn auch unter den Kirchenmitgliedern bezeichnen sich Jacobi zufolge rund ein Drittel als nicht religiös.
Edgar Wunder, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD, sagte, dass es Mutes bedürfe, diese Art der Selbstforschung zu betreiben. Für die Erstellung der Fragen sei es wichtig gewesen, nicht nur die eigenen Erwartungen, Einstellungen und Meinungen einfließen zu lassen: "Es muss die Bereitschaft bestehen, sich irritieren zu lassen."
Erstmals Ergebnisse für katholische Kirchenmitglieder
Seit 1972 erscheint etwa alle zehn Jahre die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung. Sie ist eine religionssoziologische Studie, die Einstellung zu Religion und Kirche in der Bevölkerung untersucht. In der aktuellen Studie wurden erstmals auch Ergebnisse für katholische Kirchenmitglieder mit erhoben. Die Befragung fand zwischen Oktober und Dezember 2022 durch das Meinungsforschungsinstitut Forsa statt. Insgesamt wurden 5.282 Personen befragt. Die Studie entstand unter Federführung des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD, die katholische Deutsche Bischofskonferenz war erstmals an der Erstellung beteiligt.
Bereits am Sonntag hatte die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus zu Beginn der Synodenberatungen gesagt, die Untersuchung zeige ernüchternd deutlich, dass das Vertrauen in Institutionen quer durch alle Bevölkerungsschichten sinkt. Die Mitgliederzahl in der evangelischen Kirche geht seit einigen Jahren rasant zurück.