An dem Einführungsgottesdienst nahmen zahlreiche Gäste aus Politik, Kirche und Gesellschaft teil. In ihrer Predigt rief Steen laut Redemanuskript zu einer Allianz für Frieden, Menschenwürde und Demokratie auf. Christen sollten Gott ins Zentrum ihres Denkens und Handelns zu stellen, sagte die neue Bischöfin. Dazu gehöre, Gerechtigkeit und Frieden zu leben sowie Gottes unverbrüchliche Liebe zu allen Menschen sichtbar und spürbar zu machen. Gott sei gegenwärtig, wo die Leidenden getröstet, die gesellschaftlich Unsichtbaren gesehen und den Gescheiterten eine neue Chance gegeben werde.
Die Botschaft Jesu heißt nach Worten von Nora Steen in diesen Tagen vor allem: "Wir haben uns radikal und ohne Kompromisse an die Seite unserer jüdischen Geschwister zu stellen. Dass antisemitisch motivierte Anfeindungen anscheinend wieder gesellschaftlich hinnehmbar sind, das kann von unserer christlichen Seite nur bedeuten, dass wir alles andere stehen und liegen lassen - und uns an ihre, an eure Seite stellen - dass wir uns vor euch, hinter euch und neben euch stellen. Vor die Synagogen, vor Wohnhäuser. Dass wir unser Gesicht zeigen und unmissverständlich Position beziehen."
Zudem sagte Steen, sie wünsche sich, dass Juden, Moslems und Christen eng beieinanderstehen und sich nicht durch fundamentalistische Minderheiten auseinandertreiben lassen. Nötig sei Friedensarbeit auf allen Ebenen. Es dürfe nicht zugelassen werden, "dass die dünne Kruste der Zivilisation vollends zerreißt und sich die Lava der Menschenverachtung und des Hasses Raum nimmt in unserer Gesellschaft".
Steen bringt viele Kompetenzen mit
Landesbischof Ralf Meister (Hannover) sagte laut Redemanuskript, Nora Steen habe es in ihrer bisherigen Arbeit verstanden, zeitgemäße Formen von Kirche zu entwickeln und Menschen dafür zu begeistern. Die Landesbischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, äußerte in ihrem Grußwort ihre Freude darüber, dass sie mit Nora Steen nun eine "bischöfliche Sparringspartnerin" im digitalen Raum und in den sozialen Medien habe. Sie sei gespannt, "wie wir in unseren jeweiligen Rollen zusammen mit vielen anderen Akteuer:innen der Nordkirche auch im digitalen Raum präsent sein werden", sagte Kühnbaum-Schmidt.
Ulrike Hillmann, Präses der Nordkirchen-Landessynode, würdigte die vielen übergemeindlichen und internationalen Erfahrungen von Nora Steen. "Sie bringen hohe theologische Kompetenz mit und können die gute Botschaft des Evangeliums in unterschiedlichen Milieus und Kontexten vermitteln, persönlich und medial." Damit könne Steen Hoffnung schenken, Vertrauen stiften und Gemeinschaft möglich machen: "Das braucht unsere Gesellschaft und Demokratie. Und das braucht unsere Nordkirche, um weiter Kirche für die Menschen und Kirche der Menschen zu sein", sagte die Präses.
Die Kieler Bildungsministerin Karin Prien (CDU) erklärte: "Ich freue mich für die Nordkirche, dass mit Bischöfin Nora Steen der Generationenwechsel gelungen ist." Damit verbinde sich die Hoffnung, dass junge Menschen weiterhin Teil der Kirche bleiben oder es werden. "Denn Kirche trägt uns durch diese tief verunsichernden Zeiten und zeigt uns den Weg zu Toleranz und Zusammenhalt."
Nora Steen wurde 1976 in Braunschweig geboren und studierte evangelische Theologie in Leipzig, Berlin und Göttingen. Sie arbeitete als Gemeinde- und Schulpastorin unter anderem in Hildesheim und Lissabon, leitete ein "Haus der Stille" und sprach das "Wort zum Sonntag" bei der ARD. Seit 2018 leitete sie das Christian-Jensen-Kolleg in Breklum. Nora Steen ist verheiratet und hat mit ihrem Mann drei angenommene Kinder.
Der Sprengel Schleswig und Holstein ist mit knapp 870.000 evangelischen Christen der größte in der Nordkirche. Zu ihm gehören acht Kirchenkreise mit insgesamt 328 Kirchengemeinden. Mit Steens Amtsantritt sitzen neben Bischof Tilman Jeremias (Sprengel Mecklenburg und Pommern), Bischöfin Kirsten Fehrs (Sprengel Hamburg und Lübeck) und Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt nun drei Frauen im Bischofsrat der Nordkirche.
Zu den zentralen Aufgaben einer Bischöfin oder eines Bischofs gehört die geistliche Leitung des Sprengels sowie die Vertretung der Nordkirche im kirchlichen und öffentlichen Leben im Sprengel in Abstimmung mit der Landesbischöfin. Auch die Ordination und Beauftragung von Pastorinnen und Pastoren, der Vorsitz im Sprengelkonvent der Pröpstinnen und Pröpste und die Förderung des theologischen Nachwuchses gehören dazu. Als Mitglied der Kirchenleitung wirkt eine Bischöfin an gesamtkirchlichen Fragen und Entscheidungen mit.