Juden in Deutschland sind besorgt über Aufrufe zur Gewalt gegen jüdische Einrichtungen am morgigen Freitag, die in sozialen Medien und Messenger-Diensten kursieren. Es bestehe "eine abstrakt erhöhte Gefährdungslage", heißt es in einer Pressemitteilung des Zentralrats der Juden. Man stehe in Austausch mit den Sicherheitsbehörden, "die die Sicherheitslage für Juden in Deutschland sehr ernst nehmen". Die Vorkehrungen vor jüdischen Einrichtungen seien erneut hochgefahren worden. So erhöht etwa das Land Nordrhein-Westfalen die Polizeipräsenz vor Synagogen. Von staatlicher und jüdischer Seite werde alles unternommen, um die Sicherheit zu gewährleisten, so der Zentralrat.
Die Vorstandsvorsitzende der Synagogengemeinde Saarbrücken, Ricarda Kunger, forderte schärfere Konsequenzen gegenüber Menschen, die auf antiisraelischen Demonstrationen den Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel bejubelten. So sollte etwa bei ihnen das Aufenthaltsrecht hinterfragt werden.
Die Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main forderte ein Verbot von propalästinensischen "Hass-Versammlungen". "Wir mussten bereits in Berlin sehen, wie das Leid der Menschen in Israel hämisch auf deutschen Straßen gefeiert und von Hamas-Unterstützern, die unter anderem dem Verein Samidoun angehören, zelebriert wurde", teilte die Gemeinde am Mittwoch mit. Eine für diesen Tag in der Stadtmitte geplante Anti-Israel-Demo hatte die Stadt kurzfristig verboten. Für den Samstagnachmittag rufen linke Gruppen unter dem Motto "Freiheit für Palästina" zu einer weiteren Demonstration auf.
Dagegen laden die evangelische und die katholische Kirche in Frankfurt zu einem Solidaritätsgottesdienst mit den Opfern in Israel am Samstagvormittag in den Dom ein. "Wir trauern mit allen, die einen Angehörigen verloren haben, und bangen mit jenen, die Angst um ihre Lieben haben", sagte der evangelische Stadtdekan Holger Kamlah.
Trotzdem für Frieden beten
Bereits am Freitag, 13. Oktober, rufen Christ:innen im niederbayerischen Landshut zum Friedensgebet für Israel auf. Die vier Kirchengemeinden bekennen sich solidarisch mit Israel, sagte die Landshuter Dekanin Nina Lubomierski. Sie äußerte ihr Entsetzen angesichts der Massaker an der israelischen Zivilbevölkerung. Israel habe das Recht, sich zu verteidigen, dennoch wolle man für Frieden beten: "Wir sehnen uns alle nach Frieden, auch im Nahen Osten, und wollen dieser Sehnsucht im Friedensgebet Raum geben."
Am Ulmer Münster ist ebenfalls am Freitag eine ökumenische Mahnwache für Opfer islamistischen Terrors geplant. Um 17 Uhr werde es auf dem Münsterplatz zudem ein Friedensgebet geben, teilte Ulms evangelischer Dekan Torsten Krannich mit.
"Stillhalten ist keine Option"
Eine weitere Mahnwache unter dem Titel "Solidarität mit Israel" wird ab 17.30 Uhr in der Greifswalder Jacobikirche gehalten. "Seit der Vernichtung von Jüdinnen und Juden durch das nationalsozialistische Deutschland wurden an keinem Tag mehr so viele jüdische Menschen ermordet, wie gegenwärtig durch die Hamas", heißt es in der Einladung. "Lassen Sie uns gemeinsam gegen Terrorismus, Antisemitismus, Hass und Gewalt protestieren und unsere Solidarität mit Israel zeigen!"
Auch in den vergangenen Tagen gab es bereits mehrere Solidaritätsveranstaltungen mit Israel. Am Mittwochabend kamen rund 1.500 Menschen in Nürnberg zusammen. Von einer nie dagewesenen Dimension der Gewalt gegen Israelis sprach der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg, Jo-Achim Hamburger. Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern kritisierte Forderungen nach einem Waffenstillstand im Nahen Osten. Dies sei zynisch, "weil es dem Aggressor recht gibt". Sich zu wehren, sei etwas anderes, als aus heiterem Himmel unterschiedslos Männer, Frauen, Kinder, Alte, Zivilisten oder Nicht-Zivilisten zu töten oder zu entführen. "Wenn jemand skrupellos entfesselte Gewalt lostritt, dann ist Stillhalten auch aus christlicher Sicht keine politische Option", sagte die evangelische Theologin.