"Das Bundesinnenministerium wird ein Betätigungsverbot für die Hamas in Deutschland erlassen", sagte Scholz am Donnerstag in einer Regierungserklärung im Bundestag. Auch der Verein "Samidoun", dessen Mitglieder brutalste Terrorakte auf offener Straße feierten, werde in Deutschland verboten, ergänzte er.
"Unser Vereinsrecht ist ein scharfes Schwert. Und dieses Schwert werden wir als starker Rechtsstaat hier ziehen", sagte Scholz. Der Kanzler verurteilte die Solidaritätsbekundungen der vergangenen Tage für das brutale Vorgehen der Hamas auch auf deutschen Straßen. "Hass und Hetze nehmen wir nicht tatenlos hin. Antisemitismus dulden wir nicht", sagte er. Wer die Verbrechen der Hamas verherrliche oder ihre Symbole verwende, mache sich in Deutschland strafbar.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz schätzte das Personenpotenzial der Hamas in Deutschland im Bericht für das Jahr 2022 auf 450 Anhänger. Laut Verfassungsschutz sammeln sie vor allem Spenden für die terroristische Organisation und versuchen, den Diskurs zum Nahost-Konflikt propalästinensisch zu beeinflussen. Die Verwendung von Kennzeichen der Hamas ist in Deutschland bereits verboten. Der Verein "Samidoun" tritt für die Befreiung palästinensischer Gefangener ein. Ihm wird eine zentrale Rolle bei der Verbreitung israelfeindlicher Propaganda zugeschrieben. Forderungen nach einem Verbot der Organisation waren in den vergangenen Tagen lauter geworden.
Der Bundestag beschloss am Ende der Debatte zur Regierungserklärung des Kanzlers einstimmig einen Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD, Union, Grünen und FDP, in dem ebenfalls rechtliche Schritte gefordert werden.
Unions-Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) bot der Regierung dabei Unterstützung an. Gemeinsam aus der Mitte des Parlaments müsse der Kampf gegen Antisemitismus noch verstärkt werden, sagte er. "Wer für Terroristen Geld einsammelt oder offen mit ihnen sympathisiert, kann sich nicht auf Meinungsfreiheit berufen. Es sind Straftaten, die wir nicht dulden können."
Im Zusammenhang mit der Hamas wurde in Deutschland im Jahr 2002 der Verein "Al Aqsa e.V." verboten, der Spenden für die Familien von Selbstmordattentätern sammelte.
Sicherheit für Israel müsse wieder hergestellt werden
Scholz versicherte Israel in einer Regierungserklärung die Solidarität Deutschlands. "Liebe Freundinnen und Freunde in Israel, wir trauern und wir bangen mit Euch!", sagte er. "Wir verdammen die Gewalt der Terroristen in aller Schärfe. Und wir sagen in aller Klarheit: Israel hat das völkerrechtlich verbriefte Recht, sich und seine Bürgerinnen und Bürger gegen diesen barbarischen Angriff zu verteidigen. Und die Sicherheit in und für Israel muss wieder hergestellt werden."
Für Deutschland gebe es in diesem Moment nur einen Platz: "Den Platz an der Seite Israels." Scholz bekräftigte: "Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson. Unsere eigene Geschichte, unsere aus dem Holocaust erwachsende Verantwortung macht es uns zur immerwährenden Aufgabe, für die Existenz und für die Sicherheit des Staates Israel einzustehen."
Unverzeihlicher Fehler, Israel anzugreifen
Scholz warnte in Berlin zugleich vor einem "verheerenden Flächenbrand" in der Region. "Gemeinsam mit unseren Partnern nutzen wir daher alle unsere Kanäle, um ein solch apokalyptisches Szenario zu verhindern." Die Botschaft sei klar: "Es wäre ein unverzeihlicher Fehler, Israel anzugreifen!"
Scholz wies auch auf das für Donnerstagmittag geplante Treffen mit dem Emir von Katar hin. Das Land habe eine wichtige Mittlerrolle inne, die es gerade dieser Tage auch nutze. An die Kritiker solcher Kontakte gerichtet, sagte er: "Es wäre unverantwortlich, in dieser dramatischen Lage nicht alle Kontakte zu nutzen, die helfen können. Wir tun dies im Übrigen in enger Abstimmung mit Israel und für diejenigen, die von der Hamas entführt wurden."
Rotes Kreuz warnt vor Leiden in Krankenhäusern
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hat heute die Kriegsparteien im Nahen Osten zur Schonung der Zivilisten aufgefordert. Das menschliche Leiden der Zivilbevölkerung sei abscheulich, erklärte Fabrizio Carboni, Regionaldirektor für den Nahen und Mittleren Osten des Roten Kreuzes, am Donnerstag in Genf.
Ohne Strom drohten sich die Krankenhäuser im Gazastreifen in Leichenhallen zu verwandeln. Neugeborene in Brutkästen und ältere Patienten, die Sauerstoff benötigten, seien gefährdet. Die Nierendialyse falle aus, Röntgenaufnahmen könnten nicht erstellt werden.
Israelische Familien seien krank vor Sorge um ihre Angehörigen, die als Geiseln genommen werden. Geiselnahmen seien nach dem humanitären Völkerrecht verboten, und jeder, der festgehalten werde, solle sofort freigelassen werden.
Als neutraler Vermittler sei das Rote Kreuz bereit, humanitäre Besuche abzustatten, die Kommunikation zwischen Geiseln und Familienangehörigen zu erleichtern und eine Freilassung zu unterstützen.
Nach den Terrorattacken der Hamas am vergangenen Samstag hatte Israel den palästinensischen Gazastreifen abgeriegelt und auch die Stromzufuhr unterbunden. Hamas-Kämpfer hatten im Zuge des Überfalls etliche Menschen aus Israel als Geiseln genommen.