Philipp Mickenbecker
© Sem Grey
Der YouTuber Philipp Mickenbecker ist unheilbar an Krebs erkrankt. Ein Kamerateam begleitet ihn in den letzten drei Monaten seines Lebens.
Mickenbeckers letztes Video
Tod und Glaube des Youtubers im Kino
Die letzten drei Monate vor dem Tod des christlichen Youtubers Philipp Mickenbecker. Am Donnerstag startete der Kinofilm dazu. evangelisch.de-Redakteurin Mechthild Klein hat den Film gesehen. Eine Einordnung.

Der 23-jährige Youtuber Philipp Mickenbecker hat den Tod vor Augen. Der Krebs frisst sich durch seine Brust. Keine Chance auf Heilung. Doch er entdeckt seinen Glauben an Gott wieder und hofft auf Rettung. Die letzten drei Monate in seinem Leben hält der Film "Philipp Mickenbecker – Real Life" fest. Am Donnerstag, 5. Oktober, ist er offiziell in die Kinos gekommen.

Dieser Film ist traurig und schockierend zugleich. Viele kennen Philipp Mickenbecker noch aus seinem Youtube-Kanal, den er mit seinem Zwillingsbruder 2017 eröffnete. Dort teilte er seine Technikabenteuer. Die selbstgebaute fliegende Badewanne mit der er in die Luft abhob. Die irren Wettrennen mit selbstgebauten Booten in der Natur. Alle verrückten Technik-Ideen hielt er mit seinem Team im Video fest.

Doch es gibt Schicksalsschläge. Erst verunglückt seine Schwester tödlich bei einem Flugzeugabsturz. Dann kommt sein Lymphdrüsenkrebs zurück. Diagnose: Krebs im Endstadium. Höchstens zwei Monate sollten ihm bleiben. Aus dem lebensfrohen, sportlichen Youtuber, der all seine Abenteuer fürs Publikum festgehalten hatte, wird ein nachdenklicher Mann. Er versucht sein Krebsleiden religiös zu deuten. Er entdeckt seinen Glauben neu in einer evangelikalen Community. Und von seinen Freunden wird er auf seinem letzten Weg begleitet bis zum Tod. Das ist das Tröstliche an diesem Film.

Man muss wohl eine Triggerwarnung vorweg geben. Die Kamera zoomt öfters ganz nah auf die vom Tumor zerfressene Brust von Philipp. Wie er sie im Spiegel betrachtet. Die Handteller-große dunkelrote Wunde, die wächst und immer größer wird. Der Tumor bricht nach außen. Die Wunde muss täglich versorgt werden. Gegen die Schmerzen bekommt Philipp Tabletten. Doch wie geht man mit der Diagnose um, dass keine medizinische Heilung mehr möglich ist?

Philipp Mickenbecker macht seine Erkrankung öffentlich. Auf Youtube klickt auf diese Botschaften ein Millionenpublikum. Schauten sie früher seine verrückten Technikabenteuer an, so sind es jetzt Gesundheitschecks von Philipp. Mit seiner bunten Freundesschar, die ihn bei den Technikabenteuern unterstützte, macht er nun letzte Abenteuerreisen.

Seine Freunde bleiben auch bei ihm, als Philipp die schreckliche Nachricht erhält, dass ihm nur noch kurze Zeit zu Leben bleibt. Der Tumor ist nicht zu entfernen, ist mit Herz und Lunge verwachsen. Die Ärzte prognostizieren eine Lebensspanne von zwei Wochen bis zwei Monate.

Der YouTuber Philipp Mickenbecker baut mit den Real Life Guys nicht nur fliegende Badewannen, sondern wird zur lebenden Legende im Internet und scharrt Millionen von Anhängern um sich.

Philipp tritt gefasst auf, ist in Talkshows zu Gast. Und berichtet über seinen neu gefundenen Glauben. Selbstgedrehte Videos, in denen er keine Antwort weiß, keine beruhigenden Worte findet, die sendet er nicht, zeigt der Kinofilm. Philipp will letzte Reisen gemeinsam mit seinen Freunden machen. In einem umgebauten Tourenbus fahren sie nach Island.

Doch er lebt Monate länger. Entgegen der Prognose. Ein letzter Urlaub an die Traumstrände in der Dominikanischen Republik. Dort treffen die Freunde mit evangelikalen Gläubigen zusammen. Auf dem Großevent berichtet er davon, wie ihn der Glaube an Gott trägt. Was die Besucher nicht sehen, sind seine Tränen, seine Angst. Doch die sind im Film zu sehen. Bis zum Ende halten seine Freunde zu Philipp und begleiten ihn bis ans Sterbebett. Auch hier bricht die Kamera mit Sehgewohnheiten, hält scheinbar nichts zurück. Auf dem Sterbebett im Krankenhaus liegt der abgemagerte Philipp und postet ein letztes Selfie-Video an seine Freunde da draußen. Bis zuletzt glaubt er, dass Gott einen Plan habe, ihn heilen könne. Das Blut tropft mittlerweile aus dem Verband - die Ärzte könnten es nicht stoppen, sagt er. Doch er habe so seinen Frieden geschlossen.

Zwei Jahre nach seinem Tod, wird Philipp Mickenbeckers Geschichte auf der Leinwand gezeigt: Seine Freunde begleiteten den Youtuber bis in den Tod

Draußen singen seine Freunde ein Lied für ihn. Eine bewegende und zentrale Szene, sagt auch der Leiter der kulturellen Filmarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Christian Engels. Der evangelische Pfarrer hatte den Film bereits gesehen und findet ihn "sehr vielschichtig und gut gemacht". Doch für ihn bleiben am Ende viele Fragen offen. Etwa das Glaubensbild, das Philipp in dieser evangelikalen Community gefunden hat. Im Film hört man Philipp immer wieder sagen, dass Gott ihn heilen, ihn retten könne. Dass ihn sein Glaubenskonstrukt trage, dass er die Kontrolle über sein Leben völlig an Gott abgebe. Doch was für ein Glaube sei das?, fragt Christian Engels. Da komme es auf das Ausmaß an.

Der Gedanke, man könnte nicht alles planen, sei "hilfreich und konstruktiv". Nur so könne man das Leben bewältigen. "Aber der Gedanke, Gott wird das alles für mich hier schon richten, das heißt auch, dass ich keine Verantwortung mehr habe und dann wird’s schwierig", sagt Engels. Und das könne durchaus irritieren. Nach Ansicht von Engels richtet sich der Film auch an ein evangelikales Publikum und die hätten damit kein Problem. Die lebten diese radikale Frömmigkeit.

Tröstlich sei im Film die Begleitung am Sterbebett, als alle Freunde und die Familie sich von Philipp verabschieden, ihn streicheln und beten bis er nicht mehr atmet. Diese starke Gemeinschaft und Freundschaft, das berührt. Doch auch da gibt es Befremdliches: Gerade als Philipp gestorben ist, kündigt ein Freund an, dass er sich taufen lassen wolle. Weil das der Philipp auch so gewollt hätte. Die Gemeinschaft der Freunde bricht darauf am Totenbett in Jubel aus.