Nach einer erfolgreichen Unterschriftenkampagne setzt sich eine 19-Jährige im Bundestag für ein deutlich höheres Taschengeld beim Freiwilligendienst ein. Im Petitionsausschuss des Bundestages trug die Petentin Marie Sophie Elisa Beimen am Montag in Berlin bei einer öffentlichen Sitzung ihr Anliegen vor.
Sie hatte für ihre Petition mehr als 90.000 Unterstützerinnen und Unterstützer gefunden und reagierte mit "Entsetzen" und "Empörung" auf die Pläne der Ampel-Koalition, die Mittel für die Jugendfreiwilligendienste und den Bundesfreiwilligendienst deutlich zu kürzen. Beimen kommt aus Schwerte in Nordrhein-Westfalen und hat dort ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) an einem Krankenhaus absolviert. In ihrer Petition heißt es: "Gerade junge Menschen aus einkommensschwachen Familien können, trotz Interesse, keinen Freiwilligendienst leisten."
Beim Bundesfreiwilligendienst etwa gibt es eine Höchstgrenze beim Taschengeld, die sich an der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung orientiert. In diesem Jahr sind das monatlich 438 Euro. Hinzu kommen in einigen Fällen eine kostenlose Unterkunft, Verpflegung und Dienstkleidung. Beimen verlangt die Anlehnung des Taschengeldes an den BAföG-Höchstsatz. Dieser stieg zuletzt auf 934 Euro.
Außerdem schlug sie ein kostenloses Deutschlandticket vor und leichteren Zugang zum Wohngeld. Die Petentin argumentierte, dass Freiwilligendienste das Interesse an lebenslangem Engagement wecken könnten. Dieses gesellschaftliche Potenzial werde aber viel zu wenig genutzt. Es fehle an wirklicher Anerkennung für die Freiwilligendienste.
Insgesamt 113 Millionen Euro weniger
In den kommenden beiden Jahren will die regierende Koalition aus SPD, Grünen und FDP die Mittel um insgesamt 113 Millionen Euro kürzen, um die Sparvorgaben für den Bundeshaushalt zu erfüllen. Bei den Jugendfreiwilligendiensten - dazu gehören das Freiwillige Soziale Jahr und das Freiwillige Ökologische Jahr - ist eine Verringerung der Ausgaben von derzeit 120 Millionen Euro auf 80 Millionen Euro vorgesehen. Die staatlichen Mittel für den Bundesfreiwilligendienst, der nach dem Ende der Wehrpflicht und dem Aus für den Zivildienst 2011 eingeführt wurde, sollen von 207 Millionen Euro in diesem Jahr auf rund 134 Millionen Euro im Jahr 2025 sinken.
Nach Angaben der Diakonie droht jede vierte Freiwilligenstelle wegzufallen.
Im Petitionsausschuss äußerte Beimen ihr Unverständnis. "Was ist das für eine politische Botschaft?", fragte sie. Die parlamentarische Staatssekretärin im Familienministerium, Ekin Deligöz, versicherte der 19-Jährigen, dass die Freiwilligendienste in der Priorität sehr weit oben seien und Kürzungen abgefedert werden sollten. So wolle man die Zuverdienstmöglichkeiten erhöhen und sei in Gesprächen mit den Bundesländern über Mittel für den öffentlichen Nahverkehr. Ein abschließendes Votum zur Petition wird der Ausschuss in einer späteren Sitzung fällen.
Die Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, Maria Loheide, warnte derweil, "wer heute kürzt, zahlt morgen drauf". Sie betonte, dass die Bundesregierung im Koalitionsvertrag festgeschrieben habe, dass sie die Freiwilligendienste bedarfsgerecht ausbauen und stärken wolle. Die angekündigten Kürzungen stünden dazu in klarem Widerspruch, erklärte sie.
Einer der größten zivilgesellschaftlichen Anbieter in den Freiwilligendiensten ist die Trägergruppe der Evangelischen Freiwilligendienste mit jährlich mehr als 13.000 Freiwilligen im In- und Ausland.