Diakonie-Präsident Ulrich Lilie hat die geplanten Millionen-Kürzungen bei den Freiwilligendiensten kritisiert. Er sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), sie stünden im Widerspruch zum erklärten Ziel der Ampel-Koalition, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.
Lilie verwies darauf, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für Zusammenhalt und Respekt werbe und sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier engagiert für einen sozialen Pflichtdienst einsetze. "Aber wir erleben, dass beim Freiwilligendienst die Mittel gekürzt werden", kritisierte der Diakonie-Chef. Damit spare die Bundesregierung ausgerechnet dort, "wo junge Menschen sich aus freien Stücken engagieren."
Zudem wählten ehemalige Freiwillige häufig soziale Berufe. "Wir wissen, dass das ein hoher Prozentsatz ist", sagte Lilie. Freiwilligendienste seien für die Pflege- und Sozialbranche einer der besten Wege, motivierte Fachkräfte zu gewinnen. Daher seien Einsparungen auch in Hinblick auf den Personalmangel in der Sozialbranche "widersinnig", kritisierte Lilie: "Die Kürzungen erfolgen am völlig falschen Ende und sind in keiner Weise politisch zu rechtfertigen."
Der Diakonie-Präsident forderte die Regierung auf, die Pläne rückgängig zu machen. Stattdessen müsse möglichsten vielen Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Möglichkeit eröffnet werden, sich sozial zu engagieren. Jugendliche von 16 bis 26 Jahre können ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr im In- und Ausland leisten. Im Bundesfreiwilligendienst können sich Erwachsene jeden Alters engagieren. SPD, Grüne und FDP hatten im Koalitionsvertrag angekündigt, sie würden die Plätze in den Freiwilligendiensten "nachfragegerecht ausbauen".
Diakonie-Präsident Lilie äußerte sich anlässlich des Jubiläums der evangelischen Freiwilligendienste. Die Diakonie ist gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend (aej) Gesellschafter der Evangelischen Freiwilligendienste.
Mittel sollen um 113 Millionen Euro gekürzt werden
Vor 70 Jahren waren erstmals junge Freiwillige zum diakonischen Jahr angetreten. Seit 1954 haben 300.000 Menschen einen Freiwilligendienst in evangelischen Einrichtungen geleistet. Nach Angaben des Geschäftsführers der Evangelischen Freiwilligendienste, Martin Schulze, sind die Mittel seit 2011 nicht gekürzt und 2019 noch einmal erhöht worden. Die nunmehr angekündigten Einschnitte machten ein Drittel der bisherigen staatlichen Zuwendungen aus, sagte er dem epd.
In den kommenden beiden Jahren will die Ampel-Koalition die Mittel für die Jugendfreiwilligendienste und den Bundesfreiwilligendienst um insgesamt 113 Millionen Euro kürzen, um die Sparvorgaben für den Bundeshaushalt zu erfüllen.
Bei den Jugendfreiwilligendiensten ist eine Verringerung der Ausgaben von derzeit 120 Millionen Euro auf 80 Millionen Euro vorgesehen. Die staatlichen Mittel für den Bundesfreiwilligendienst sollen von 207 Millionen Euro in diesem Jahr auf rund 134 Millionen Euro im Jahr 2025 sinken. Nach Angaben der Diakonie droht jede vierte Freiwilligenstelle wegzufallen.
Mehr als 300.000 Menschen in Deutschland haben seit 1954 einen Freiwilligendienst in evangelischer Trägerschaft abgeleistet. Mit dem Start des Jubiläumsjahrgangs 2023/2024 sei diese Zahl überschritten worden, teilte die Geschäftsstelle der Evangelischen Freiwilligendienste in Hannover mit. Diakonie-Präsident Ulrich Lilie begrüßte aus diesem Anlass am Donnerstag in der Berliner Genezareth-Kirche 90 neue Freiwillige aus Berlin und Brandenburg, stellvertretend für Tausende neue Freiwillige im ganzen Bundesgebiet.