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7. September, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Der Amsterdam-Krimi: Der Tote aus dem Eis"
Peter Koller, Autor fast aller "Amsterdam-Krimis" stellt in dieser Folge Drogenschmuggel und Verstöße gegen die Fischereigesetze in den Mittelpunkt der Handlung.

Es gehört zu den ungeschriebenen Gesetzen des Filmemachens, dass Rückblenden nicht lügen dürfen; aber manchmal offenbaren sie nicht die ganze Wahrheit. Thomas Kirchner, Schöpfer der "Spreewaldkrimis" im ZDF, hat diese Erzählweise fast zur Perfektion gebracht. Peter Koller, Autor fast aller "Amsterdam-Krimis", hat sich diesen dramaturgischen Trick schon in der vor einer Woche ausgestrahlten Episode ("Das Mädchen ohne Namen") zunutze gemacht.

Auch im zweiten Film (beide sind Wiederholungen aus dem letzten Jahr) sorgt der Österreicher auf diese Weise für einige verblüffende Aha-Effekte, und das diesmal schon gleich zu Beginn. Die Auftaktszene wird gleich mehrfach gezeigt, weil ein neuer Blickwinkel die Ereignisse in einem anderen Licht erscheinen lässt; oder weil die Fortsetzung der Szene dafür sorgt, dass sich die Handlung in eine unerwartete Richtung entwickelt. 

"Der Tote aus dem Eis" beginnt mit einem zurückgenommenen Zugriff: Axel Pollack (Hannes Jaenicke), an die niederländischen Behörden ausgeliehener deutscher LKA-Kommissar, hat sich als verdeckter Ermittler in ein Fischereiunternehmen eingeschleust. Gemeinsam mit seinem holländischen Kollegen de Groot (Fedja van Huêt) will er den Reeder Heesters (Frank Lammers) als Kokainschmuggler überführen. Kaum hat er das vereinbarte Zeichen zum Zugriff gegeben, bläst er den Einsatz auch schon wieder ab.

Den Grund dafür reicht der Film erst später nach: Zwischen den Fischen, in deren Bäuchen die Päckchen mit dem Rauschgift verborgen sind, hat sich ein Seemann versteckt; Pollack hat die Einheit zurückgepfiffen, um ihn nicht zu gefährden. Einen Toten gibt es dennoch: Ein Arbeiter ist offenbar auf hoher See betrunken in den Laderaum gestürzt. Damit hat de Groot einen Vorwand, um doch noch aufzutauchen. Das Koks ist zwar verschwunden, aber der titelgebende tote Seemann führt die Polizei auf die Spur eines völlig anderen Verbrechens. 

Mit seiner ZDF-Reihe "Im Einsatz für…" hat sich Hannes Jaenicke zu Recht einen Ruf als prominenter Tierschützer erworben. In einer der letzten Folgen ging es um den kulinarischen Lieblingsfisch der Deutschen, den Lachs. In der Dokumentation sagte Jaenicke unter anderem: "Wir entnehmen dem Meer alles und geben lediglich unseren Dreck zurück. Das kann auf Dauer nicht gut gehen."

Dieser Satz könnte auch im sechsten "Amsterdam-Krimi" fallen: Der Tote aus dem Frachtraum ist einem Umweltdelikt auf die Spur gekommen. Seine Entdeckung musste er mit dem Leben bezahlen, aber vorher hat er das Vergehen dokumentiert, und das entsprechende Video wird nun zum Motor der Handlung: weil alle den Mann jagen, der es besitzt, die Polizei ebenso wie die Verbrecher. Koller hat sich für diese Figur durch Jackie Chan inspirieren lassen, und tatsächlich entpuppt sich der junge Indonesier mit dem für westliche Ohren originellen Namen Joyo Suparman als unkaputtbares Stehaufmännchen, das allen immer wieder ein Schnippchen schlägt.

Vietha Luong, Österreicher mit vietnamesischen Wurzeln, ist eine echte Entdeckung und hat zudem einige witzige Szenen, aber der Film bleibt trotz dieser Momente dennoch durchgängig ein Thriller, zumal eine dritte Partei ins Spiel kommt: Meeresschützerin Elise (June Yanez) will das Video nutzen, um dem deutschen Fischhändler Schröder (Marcel Hensema) eine großzügige "Spende" zu entlocken, kommt auf diese Weise aber ungewollt dem Rauschgifthändler im Hintergrund in die Quere; und der geht selbstredend über Leichen.

Mit dem Drogenschmuggel und den Verstößen gegen die Fischereigesetze geht es in "Der Tote aus dem Eis" um ganz andere Themen als in "Das Mädchen ohne Namen", aber eine Parallele gibt es doch: In beiden Drehbüchern setzt sich Koller mit modernen Formen der Sklaverei auseinander; der Arbeitstitel des zweiten Films lautete "Sklaven der Meere". Dank der deutlich häufigeren Schauplatzwechsel wirkt die Inszenierung Ismail ?ahins diesmal wesentlich flotter, zumal die verschiedenen Fluchten Joyos mehrfach für Tempo sorgen.

Die ausgezeichnete Bildgestaltung (erneut Aljoscha Henning) ist ohnehin ein Qualitätsmerkmal der Reihe; gleiches gilt für die Arbeit von Andreas Helmle, der bislang zu allen "Amsterdam-Krimis" die Musik komponiert hat. Neu ist hingegen der gelegentliche Humor, der den Filmen gut tut. Die Mitglieder des Teams, das auch darstellerisch immer besser miteinander harmoniert, frotzeln sich häufiger als früher, und Jaenicke darf, als er wieder mal hinter Joyo her rennen muss, gleich zweimal den Lieblingssatz aller alternder Actionhelden sagen: "Ich bin zu alt für so ’ne Scheiße."