Das evangelische Hilfswerk "Brot für die Welt" warnt mit Blick auf die anstehenden Haushaltsberatungen im Bundestag vor Kürzungen bei der Entwicklungshilfe und der humanitären Hilfe. Präsidentin Dagmar Pruin kritisierte am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung des Jahresberichts der Organisation in Berlin die im Entwurf für den Bundeshaushalt 2024 vorgesehenen Einschnitte. Insbesondere die "drastische" Kürzung der humanitären Hilfe um ein Drittel müsse zurückgenommen werden. Auch bei der Entwicklungsarbeit erwarte sie Verlässlichkeit. Ihre "Mindestforderung" sei: "Die Etats dürfen nicht sinken".
Der Entwicklungsetat soll im kommenden Jahr um 5,3 Prozent schrumpfen - von knapp 12,2 Milliarden Euro in diesem Jahr auf gut 11,5 Milliarden Euro im kommenden Jahr. Bei der humanitären Hilfe sind Kürzungen von derzeit 3,3 Milliarden Euro auf knapp 2,2 Milliarden Euro geplant. Allerdings hat beim Bundeshaushalt das Parlament das letzte Wort und könnte noch aufstocken.
Pruin verwies auf die Nationale Sicherheitsstrategie der Regierung, für die die Entwicklungsarbeit, die humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention große Bedeutung habe. "Wenn die Bundesregierung ihren eigenen Sicherheitsbegriff ernst nimmt, müssten die Kurven des Verteidigungs- und des Entwicklungsetats zumindest in die gleiche Richtung weisen", betonte sie. Doch stattdessen solle es für die Unterstützung der Menschen in ärmeren Ländern deutlich weniger Geld geben. Der Verteidigungsetat soll laut Entwurf im kommenden Jahr wachsen.
Klimaschädliche Subventionen "völliger Irrsinn"
Auch im Kampf gegen die Erderwärmung verlangt das Hilfswerk mehr Einsatz. Pruin sagte mit Blick auf klimaschädliche Subventionen des Bundes in Höhe von rund 65 Milliarden Euro pro Jahr: "Dienstwagenprivileg, Steuervergünstigungen für Diesel und Kerosin oder Mehrwertsteuerbefreiung von internationalen Flügen - in Zeiten angeblich klammer Staatskassen und der voranschreitenden Klimakrise sind viele dieser Subventionen völliger Irrsinn." Nur etwa sechs Milliarden Euro jährlich stelle Deutschland dagegen für die internationale Klimafinanzierung bereit. "Deutschland verstärkt die Klimakrise und versucht an anderer Stelle - und mit deutlich geringeren Mitteln - ihre Folgen zu bekämpfen", fügte sie hinzu.
Die Klimaexpertin des Hilfswerks, Sabine Minninger, begrüßte zwar, dass Deutschland 2022 bei den internationalen Klimahilfen wohl erstmals die jährliche Summe von rund sechs Milliarden Euro erreicht hat, kritisierte aber, dass manche Gelder doppelt verrechnet würden. "Wir sehen nicht wirklich, dass das Geld zusätzlich ist", sagte sie. Wer schaue, was zusätzlich zur ODA-Quote für staatliche Entwicklungshilfe geflossen sei, komme auf rund fünf Milliarden Euro - die gleiche Summe wie ein Jahr zuvor. Nötig sei aber ein kontinuierlicher Aufwuchs, weil auch die Herausforderungen der Klimakrise enorm zugenommen hätten.
"Brot für die Welt" hat nach eigenen Angaben 2022 mit 75,6 Millionen Euro deutlich mehr Spenden und Kollekten als im Jahr zuvor gesammelt - damals waren es demnach 63,6 Millionen Euro. Enthalten seien auch die Kollekten aus den Weihnachtsgottesdiensten 2021, die vielfach trotz Corona-bedingter Einschränkungen wieder möglich gewesen seien. Hinzu kämen kirchliche und Bundesmittel. Insgesamt standen den Angaben zufolge im vergangenen Jahr mehr als 338 Millionen Euro für die Entwicklungsarbeit mit den Schwerpunktregionen Afrika und Asien zur Verfügung. 2021 waren es demnach 321 Millionen Euro.