Gemeinsames Kochen
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Kochen, Singen und Gesprächsrunden - der evangelische Wohlfahrtsverband bietet "Tapetenwechsel – Urlaub ohne Kofferpacken" als Auszeiten für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen an. (Symbolfoto)
Diakonie bietet "Auszeiten" an
"Tapetenwechsel" für Angehörige Demenzkranker
Nach der Diagnose "Demenz" lebt der Betroffene durchschnittlich noch zehn Jahre. In dieser Zeit benötigt er mitunter Betreuung, Aufsicht und zuweilen auch Pflege. Entlastungsangebote für Angehörige gibt es nur wenige, die Diakonie bietet eines an.

Die Betreuung Demenzkranker geht an die Substanz. Claudia Knörrle aus Karlsruhe macht diese Erfahrung seit drei Jahren, als bei ihrem Ehemann die Diagnose "frontotemporale Demenz" gestellt wurde. "Es nimmt alles ab", sagt sie. Ihr Mann kann nicht mehr sprechen, braucht Begleitung zur Toilette und muss gefüttert werden. Die Krankheit schreitet schnell voran. Einen Pflegedienst will Knörrle erst holen, "wenn er nicht mehr stehen kann".

Nach Schätzung der Deutschen Alzheimer Gesellschaft in Berlin leben in Deutschland rund 1,8 Millionen Menschen mit Demenz. Tendenz steigend. Pflegekräfte sind rar und teuer. Hilfskräfte über Onlineportale wie "betreut.de" dürfen die Betroffenen aus rechtlichen Gründen nicht einmal zur Toilette begleiten.

Wie Knörrle sind viele Angehörige von demenziell erkrankten Menschen auf sich allein gestellt. Der Gesprächspartner fehlt. "Aufgrund der Erkrankung ist ein empathisches Miteinander nicht mehr möglich", weiß Petra Nußbaum vom Diakonischen Werk Karlsruhe.

Unter dem Motto "Tapetenwechsel - Urlaub ohne Kofferpacken" bietet der evangelische Wohlfahrtsverband seit 2021 Auszeiten für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen an. An zwei Wochenenden im September (2./3.9. und 9./10.9.) können sie 2023 im Waldzentrum im Hardtwald Pause machen und gemeinsam Kraft schöpfen. Es wird für sie gekocht, es gibt Singkreise, Gesprächsrunden und Gymnastikangebote.

Pause vom Alltag: Während der Auszeit im Waldzentrum im Hardtwald können Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen neue Energie tanken. (Symbolbild)

Während Betreuerinnen des Diakonischen Werkes sich um die Demenzkranken kümmern, haben die Angehörigen auch Zeit für einen Austausch untereinander. "Das Wochenende ist eine mentale Unterstützung, nicht unbedingt eine konkrete Hilfe im Alltag", erklärt Nußbaum. Entlastungsangebote wie diese gebe es zu wenig, betont sie.

Je nach Schweregrad der Erkrankung kämen auch die demenziell Erkrankten untereinander in Kontakt, sagt die Diakonin. Über Blickkontakt seien auch diejenigen "voll integriert", die sprachlich eingeschränkt sind - wie der Mann von Claudia Knörrle.

Andere seien körperlich noch fitter und spielten Ball, sagt Nußbaum. Knörrle hat bereits zweimal am "Tapetenwechsel" teilgenommen. Sie schätzt es, für zwei Tage von der unmittelbaren Verantwortung entbunden zu sein. Aus den Wochenenden hätten sich "nette Freundschaften mit anderen entwickelt", berichtet sie.

Die Auszeit habe auch ihren Mann berührt. "Er spricht sehr auf Musik, das Singen und Lachen an", berichtet Knörrle. Diese Anregungen fehlten im Alltag. "Wenn wir können, machen wir wieder beim 'Tapetenwechsel' mit", sagt sie mit Blick auf den Herbst.

Zweimal in der Woche bringt sie ihren Mann in eine Tagespflege. Wegen Personalmangels schließt die Einrichtung Ende des Monats. Dann bricht ein wichtiger Baustein im Alltag von Claudia Knörrle und ihrem demenzkranken Ehemann weg.