Kleindenkmale kennt jede oder jeder, dennoch bleiben sie oft unbeachtet: Das Bildstöckchen am Wegesrand, der Gedenkstein auf dem Rastplatz oder die kleine Sandsteinbrücke über den Bach sind oft unscheinbar, nicht selten von Ranken überwuchert. Dabei sagen die weltlichen und religiösen Sinnbilder viel über den Ort, an dem sie sich befinden, und seine Geschichte aus.
"Je mehr Wegkreuze, desto sicherer handelt es sich um eine katholische Gegend", sagt der Leiter der Kulturabteilung der Stadt Bruchsal, Thomas Adam. Im Kraichgau gibt es eine Vielzahl dieser Wege- und Feldkreuze. Nach der Reformation sei es an einigen Gemarkungsgrenzen zu einem regelrechten "Bildersturm" gekommen. Kreuze seien umgeworfen oder im 16. und 17. Jahrhundert auch mutwillig zerstört worden.
"Die Kreuze waren eine Zurschaustellung Gottes in freier Landschaft", erklärt der Historiker. Grund für die Zerstörungswut von Bildern und Skulpturen zur Zeit der Reformation war die Auffassung, dass die Verwendung von Bildern zur Ausübung christlichen Glaubens im Widerspruch zum Wort der Bibel stehen.
Ein "letztes Relikt vor der konfessionellen Spaltung", erklärt Adam, sei das eingemauerte "Pestkreuz" der St. Peterskirche in Bruchsal aus dem Jahr 1514. Die in altdeutscher Schrift verfasste Inschrift "Bittend Gott für Luft (= uns), Geschlecht und die arme Seele (= die Lebenden und die Toten)" formuliere den kollektiven Wunsch an Gott, gnädig zu sein.
Ob das Kreuz tatsächlich einen Bezug zur Pestepidemie im Kraichgau hatte, ist nicht erwiesen. "Der Volksmund liebt es, eine dramatische Geschichte zu erzählen", weiß der Historiker. Er zieht die Bezeichnung "Bittkreuz" - nach dem Motto "Herr schütze uns, wir leben in schwierigen Zeiten" - vor und sieht einen religiösen Zusammenhang.
Sühnekreuze erinnern an Schuld
Ganz anders die "Sühnekreuze", wie sie etwa im Wald bei Östringen (Kreis Karlsruhe) stehen. Die drei Steinkreuze erinnern an eine Schuld: Drei Handwerksburschen sollen sich laut dem Volksmund beim Streit um ein Stück Brot gegenseitig erschlagen haben.
Ein paar wenige Ausnahmen von den überwiegend katholischen Kleindenkmalen gibt es dennoch. So stehen etwa auf dem Friedhof in Stutensee-Friedrichstal ein Gedenkkreuz für den 1915 verstorbenen Dekan Philipp Roth sowie ein Denkmal für Isaak Hornung, der sich um 1800 für die Vergrößerung des Friedhofs eingesetzt hat. "Man hat ihm ein Denkmal gesetzt", berichtet der Heimatforscher Wilfried Süß.
Kleindenkmale erfassen und bewahren
"Ein Kleindenkmal wurde von Menschenhand erschaffen aus Stein oder aus Holz. Es ist an einen Ort gebunden und hat einen geschichtlichen Hintergrund", erläutert der Kreisarchivar am Landratsamt Karlsruhe, Bernd Breitkopf. Auch moderne Gedenktafeln etwa an die Opfer des Nationalsozialismus zählen dazu. Der Bestand ändere sich fortlaufend.
"Es gibt Kleindenkmale, die werden verschwinden. Neue kommen hinzu", so der Archivar. Dieser besonderen Denkmalgattung widmet sich seit 2001 das Projekt zur Erfassung der Kleindenkmale in ganz Baden-Württemberg. Ehrenamtliche erfassen die Kleindenkmale, um ihren Zustand zu dokumentieren und sie vor dem Vergessen zu bewahren.
Rund die Hälfte der mehr als 80.000 Kleindenkmale seien bereits erfasst, sagt Breitkopf. Zurzeit wird im Rhein-Neckar-Kreis gezählt. Im Landkreis Karlsruhe wurden rund 6.000 Kleindenkmale gemeldet. Das Kreisarchiv prüft im nächsten Schritt die Geodaten, Bilder und dazugehörige Literatur, um sie anschließend dem Landesdenkmalamt weiterzureichen.
"Nur, was bekannt ist, kann geschützt und gepflegt werden", sagt Breitkopf. Ortskundigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gemeinden kommt hierbei eine wichtige Rolle zu. Sie kennen die Standorte der Denkmale und nicht zuletzt die Geschichten, die sich um sie ranken.