Die Gottesdienste gingen besonders auf Bedürfnisse und Fähigkeiten von Menschen mit demenziellen Erkrankungen ein, wenden sich aber auch an Angehörige und "fitte" Senioren, sagte Pastor Müller-Busse dem Evangelischen Pressedienst. Der nächste "Gottesdienst für alle Sinne" findet am 27. Juli (10.30 Uhr) statt, weitere sind am 24. August und 28. September geplant.
"Demente sind Menschen, die vergessen. Sie dürfen aber nicht vergessen werden", meint Müller-Busse. Häufig würden die Betroffenen in der Gesellschaft übersehen. Der Pastor will ihnen mit dem Gottesdienst ein "intensiveres, persönlicheres Erlebnis" bieten: "Es ist allein schon der Ort, der Erinnerungen weckt und für die Menschen etwas Besonderes ist." Eine alte Kirche verströme einen besonderen Geruch. "Wenn dann noch die Glocken läuten und das Rumpeln des Glockenstuhls zu hören ist, dann werden oft Erinnerungen wach, vielleicht an die eigene Hochzeit."
Auch der Gottesdienst selbst mit seinen vertrauten Abläufen, Orgelmusik und dem Vaterunser spreche Demenzkranke besonders an. "Wie von selbst lässt es sich manchmal mitsprechen, wenn es einen Menschen ein Leben lang begleitet hat", beobachtet der Pastor. Für Menschen mit demenziellen Erkrankungen seien solche Erfahrungen nicht nur besonders schön, sondern regen auch Sinne an, über die sie viel eher mit ihrer Außenwelt in Kontakt kommen.
So werden im Juli-Gottesdienst auch Münzen verteilt. "Etwas zum Anfassen, das zum Gleichnis von der wiedergefundenen Münze aus dem Lukasevangelium passt", erklärt Müller-Busse, der beim Kirchenkreis Ostholstein für die Seelsorge in Alten- und Pflegeheimen zuständig ist. Die Predigttexte hält er bewusst einfach und der Gottesdienst dauert nicht länger als etwa eine halbe Stunde, weil die Kondition bei Demenzerkrankten begrenzt sei.
Nach der Feier wird es einen Imbiss und Möglichkeiten zum Austausch geben. "Ich erlebe demente Menschen als sehr dankbar", so der Pastor, der im Juni seinen ersten Kirchgottesdienst für Demente gefeiert hat. Das Angebot komme gut an: Obwohl es für Pflegeheime aufwendig sei, Bewohnerinnen und Bewohner zur Kirche zu bringen, hätten Heime aus Eutin, Ratekau, Pönitz, Pansdorf und Neustadt ihre Teilnahme zugesagt.
Laut Kompetenzzentrum Demenz Schleswig-Holstein sind im nördlichsten Bundesland über 66.000 Menschen an Demenz erkrankt. Bundesweit seien fast 1,8 Millionen Menschen betroffen, hieß es. Durch den demografischen Wandel, der unter anderem die Zunahme des Anteils älterer Menschen mit sich bringe, werde auch die Zahl der Erkrankungen steigen.