Silke Schnee: Die Geschichte von Prinz Seltsam
Anders sein, so wie immer sein und deshalb Wege beschreiten (können), die andere nicht mehr sehen.
Endlich gibt der König dem Wunsch seiner Königin nach einem dritten Kind nach - auf den älteren, sportlichen Prinz Jona und den so gerne lesenden Prinz Luca folgt Prinz Noah, der ein wenig anders aussieht - und einfach der dritte Bruder ist und von Jona seinen Namen erhält. Mögen andere Menschen ihn auch ablehnen, er genießt sein Leben - in seinem Tempo, mit seiner Aufmerksamkeit, in seiner Sprache, die lange keine Worte braucht.
Als das Königreich von dem Schwarzen Ritter mit der großen Narbe bedroht wird, reiten ihm die drei Brüder gemeinsam entgegen. Prinz Seltsam verhält sich wie immer - und bahnt dadurch seinem Volk wie dem Feind den Weg zur Versöhnung. Die Eltern sind auf alle drei Söhne "mächtig, mächtig stolz".
In bunten Farben und großen Bildern wird die Geschichte illustriert. Im Anhang folgen der familiäre Hintergrund der Autorin, ihre Motivation, Hinweise zum Down-Syndrom und Kontaktadressen.
Frauke Thees
Die Geschichte von Prinz Seltsam. Ein Vorlesebuch über Inklusion. Silke Schnee, illustriert von Heike Sistig, Neufeld 2018, ISBN 978-3-86256-010-3, gebunden, 14,90 Euro.
Mikael Ross: Der Umfall
Nach einem Schlaganfall seiner Mutter kommt Noel in das inklusive Dorf der Evangelischen Stiftung Neuerkerode.
In einer Geschichte um das nicht leichte Einleben Noels, der sich als übergewichtiger Jugendlicher oft wie ein Kind verhält, stellt der Autor und Zeichner das manchmal chaotische Zusammenleben der 800 Bewohner mit Beeinträchtigungen vor. Es gibt einen bunten Karneval, ebenso wie wilde Discos. Noel verliebt sich, streitet sich und wird manchmal aggressiv. Sogar die Geschichte Neuerkerodes während des Nationalsozialismus, wo Menschen mit Behinderung in den Tod geschickt wurden, wird thematisiert.
Die Zeichnungen erinnern ein bisschen an Kinderzeichnungen. Wie die Geschichte vereinfachen sie aber nicht, sondern zeigen das manchmal turbulente, manchmal traurige Zusammenleben von Menschen mit Behinderungen. Der anspruchsvolle Comic dürfte Jugendliche ansprechen, eignet sich aber auch für Erwachsene.
Peter Bräunlein
Der Umfall. Mikael Ross, herausgegeben von Johann Ulrich, Avant-Verlag 2018, ISBN 978-3-945034-94-1, gebunden, 28 Euro.
Birte Müller: Willis Welt
Erfahrungen aus dem Leben einer vierköpfigen Familie mit einem Kind mit Down-Syndrom.
In meist kurzen Texten, Kolumnen, veröffentlicht in "a tempo", einem Magazin des Verlages Freies Geistesleben zu Lebensfragen, erzählt die Autorin des Bilderbuches "Planet Willi" vom Familienalltag, der sehr geprägt ist durch den ganz besonderen Sohn Willi mit Down-Syndrom und der jüngeren Schwester Olivia mit "Normal-Syndrom". Sie erzählt von den Beschwernissen des Anfangs, von Trauer, Erschöpfung und Überforderung, aber auch - und vor allem - vom großen Glück der kleinen Fortschritte in Szenen voller Komik des nicht "normalen" Familienwahnsinns. Mit entwaffnender Ehrlichkeit, temperamentvoll-burschikos, schreibt sie, voll warmherziger Solidarität und Liebe für ihre Familie und vor allem Willi. Sie nennt Dinge beim Namen und entledigt sich dabei der mehr oder weniger ausgesprochenen Schranken der "political correctnes". Ein ermutigendes, befreiendes und entlastendes Buch für betroffene Familien, die sich wiederfinden und verstanden fühlen werden!
Margarethe Schöbel
Willis Welt. Der nicht mehr ganz normale Wahnsinn. Birte Müller, Freies Geistesleben 2021, ISBN 978-3-7725-3572-7, Taschenbuch,14 Euro.
Holm Schneider: Was soll aus diesem Kind bloß werden?
In authentischen Lebensläufen von Menschen mit Down-Syndrom wird dargestellt, wie sie sich in ihrem Leben entwickelt haben.
Die Diagnose "Down-Syndrom" ist für die Eltern zunächst eine zu verarbeitende Nachricht mit vielen Unbekannten. Im Verlauf des Lebens manifestiert sich die Frage nach dem, was aus dem Kind einmal werden soll. In den sieben von Holm Schneider präsentierten Lebensläufen wird schnell klar, dass die Eltern mit dieser Frage nicht allein dastehen. Denn ihre Kinder entwickeln mit jedem Jahr ihres Älterwerdens mehr und mehr ein Interesse an der Frage: Was möchte ich, dass aus mir wird? Ab diesem Moment können vielfältige Interessen aufeinandertreffen, sich ergänzen oder sich gegenseitig herausfordern.
In den veröffentlichten Beispielen wird deutlich, wie selbständig Menschen mit Down-Syndrom sein können und wie selbstverständlich sie einen eigenen Lebensweg planen, mitbestimmen und gehen können. Werden sie dabei gefördert, unterstützt und begleitet, dann haben sie allemal das Potential ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Und die Frage nach dem Werden findet eine Antwort.
Dirk Purz
Was soll aus diesem Kind bloß werden? 7 Lebensläufe von Menschen mit Down-Syndrom. Holm Schneider. Mit einem Nachwort von Cora Halder, Neufeld 2014, ISBN 978-3-86256-047-9, gebunden, 14,90 Euro.
evangelisch.de dankt dem Evangelischen Literaturportal für die inhaltliche Kooperation.