Behindertenhilfe
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Berufe in sozialen Bereichen sind nach Corona an der Belastungsgrenze, besonders in der Jugend- sowie in der Behindertenhilfe, aber auch in Kitas und den Jugendämtern.
Weniger Personal nach Pandemie
Beschäftigte in sozialen Berufen am Limit
Der Personalmangel in einigen sozialen Berufen ist nach der Pandemie gewachsen, ebenso wie die Belastungen für die Beschäftigten. Ver.di fordert von der Politik eine Kehrtwende.

Die Belastungen für Beschäftigte in sozialen Berufen sind laut einer Umfrage nach der Corona-Pandemie erheblich angestiegen. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Dienstag in Berlin vorgestellte Analyse der Hochschule Fulda und der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. So seien mehr als 60 Prozent der Befragten häufig oder sehr häufig an der Grenze der Belastbarkeit. Ein hohes Burn-out-Risiko gebe es insbesondere bei Beschäftigten in der Jugend- sowie in der Behindertenhilfe, aber auch in Kitas und den Jugendämtern.

Für die Studie "Professionelle Krise nach Corona? Steuerungsbedarf in der Sozialen Arbeit nach der Pandemie" wurden den Angaben zufolge im November vergangenen Jahres 8.210 Beschäftigte online befragt. Schätzungen zufolge gibt es rund 1,5 Millionen Beschäftigte in der sozialen Arbeit.

Die Bundesfachgruppenleiterin Erziehung, Bildung und Soziale Arbeit bei ver.di, Elke Alsago, sagte, die Beschäftigten in vielen sozialen Berufen, vor allem im öffentlichen Dienst, seien am Limit. Als Grund wird unter anderem auf eine gestiegene Nachfrage nach Angeboten sozialer Arbeit nach der Pandemie verwiesen. Zudem seien die Problemlagen bei den einzelnen Klienten vielschichtiger geworden und der Hilfebedarf gestiegen. Dies verschärfe den bereits vor der Pandemie herrschenden Personalmangel in den Berufsfeldern.

Über alle Arbeitsfelder der sozialen Arbeit hinweg arbeiten laut Studie mehr als ein Drittel (38,9 Prozent) der Befragten regelmäßig drei oder mehr Stunden wöchentlich zusätzlich. Knapp zwei Drittel der Befragten stehen demnach bei ihrer Arbeit unter Zeitdruck. Mehr als die Hälfte (56,6 Prozent) schaffen die Arbeitsmenge häufig oder sehr häufig nicht.

Im Ergebnis wollen laut Umfrage mehr als drei Viertel der Befragten (77,2 Prozent) nicht bis zur Rente in der sozialen Arbeit bleiben. In einzelnen Handlungsfeldern sei die Quote noch höher.

Alsago betonte, eine Schließung von Einrichtungen aufgrund hoher Krankheitswerte und erschöpfter Beschäftigter könne sich die Gesellschaft angesichts multipler Krisen nicht leisten. Sie verwies dabei auch auf die vielen prekären Beschäftigungsverhältnisse und befristeten Arbeitsverträge in der Branche, die die Beschäftigten belaste.

Laut ver.di wurde bislang versäumt, entsprechend dem Bedarf Fachkräfte auszubilden. Bund, Länder und Kommunen müssten jetzt Geld unter anderem für die Verbesserung der Personalschlüssel bereitstellen. "Fachkräfte zu gewinnen und zu halten, ist auch eine Frage der finanziellen Anerkennung", sagte Alsago.

Personalmangel gefährdet frühkindliche Bildung

Die Kindertageseinrichtungen in Deutschland leiden laut einer Umfrage unter wachsendem Personalmangel und können ihren Bildungsauftrag nicht mehr im vollen Umfang leisten. Bei einer Umfrage unter fast 5.400 Kita-Leitungen gaben fast zwei Drittel (64 Prozent) der Befragten an, dass sie in den zurückliegenden zwölf Monaten in mehr als 20 Prozent der Arbeitszeit mit zu wenig Personal arbeiten mussten, wie der Verband Bildung und Erziehung (VBE) am Dienstag auf dem Deutschen Kitaleitungskongress (DKLK) in Düsseldorf mitteilte.

Laut den Daten, die vom 19. Oktober 2022 bis 8. Januar 2023 erhoben wurden, hätten etwa 10.000 Kitas in mehr als der Hälfte der Zeit in "aufsichtspflichtrelevanter Personalunterdeckung" gearbeitet, hieß es. Damit lägen die aktuell vorgestellten Zahlen zweieinhalbmal so hoch wie die Zahlen, die Anfang 2021 präsentiert wurden, sagte der stellvertretende VBE-Bundesvorsitzende Tomi Neckov bei der Vorlage der Ergebnisse der DKLK-Studie 2023. Fast 95 Prozent der Kitaleitungen hätten angegeben, dass sich der Personalmangel verschärft habe. Es sei schwieriger geworden, passendes Personal zu gewinnen, oder es werde Personal eingestellt, das noch vor Jahren wegen mangelnder Qualifikation nicht eingestellt worden wäre.

Der Personalmangel in den Kitas gefährde den gesetzlichen Kernauftrag zur Förderung der Entwicklung des Kindes zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit, erklärte der VBE. Laut der Umfrage berichteten fast neun von zehn Kitaleitungen über negative Auswirkungen des Personalmangels auf die pädagogische Qualität.

Fast alle Kitaleitungen sagten, dass die hohe Arbeitsbelastung in den Einrichtungen zu mehr Fehlzeiten und Krankschreibungen geführt habe. Über 80 Prozent der befragten Einrichtungsleiterinnen und -leiter gaben an, dass Mitarbeitende unzufrieden mit der pädagogischen Arbeit seien und sich der Personalmangel negativ auf deren Arbeit auswirke. Gleichwohl erklärten etwa 80 Prozent der Befragten, dass sie ihre Leitungstätigkeit gerne ausübten.

Als Konsequenzen aus der Studie fordert der VBE unter anderem eine "verlässliche, aufeinander abgestimmte Finanzierungsgemeinschaft aus Bund, Ländern, Kommunen und Trägern", die eine bundesweite Fachkräfteoffensive zum Ziel hat. Zudem seien schnelle Maßnahmen zur Beseitigung der Personalengpässe und nachhaltige Investitionen in eine "wahrnehmbare Verbesserung der Arbeitsbedingungen" nötig. Der VBE vertritt nach eigenen Angaben die Interessen von etwa 164.000 Pädagoginnen und Pädagogen.