"Seit ich denken kann, trachte ich nach dem Zustand der Schwerelosigkeit. Schon als Kind beim Kunstturnen konnte ich nicht aufhören, Saltos zu schlagen", schreibt der Autor und Schauspieler Samuel Koch in seinem neuen Buch "Schwerelos. Wie das Leben leichter wird", das im März im adeo-Verlag (Asslar) erschienen ist. "Absurderweise war es ausgerechnet ein solcher Salto, bei dem ich Holzkopf mir viermal das Genick gebrochen habe." Seit dem Unfall in einer "Wetten, dass...?"- Sendung kennt er wie wohl kaum ein anderer den Kontrast zwischen Leichtigkeit und völliger Unbeweglichkeit.
"Ich sehe vielleicht nicht so aus, aber mitsamt Rollstuhl-Demutspanzer wiege ich circa 240 Kilo, plus minus Schokoriegel, und weiß besser denn je, wie sich Schwere anfühlt. Umso mehr beschäftigt mich seit dieser drastischen Gewichtszunahme die Frage: Kann man trotz Schwere Leichtigkeit empfinden? Wie wird man Schwere los?"
In seinem Buch berichtet Koch, der Ensemblemitglied am Nationaltheater Mannheim ist, von seiner actionreichen Suche nach Leichtigkeit: Er erzählt, wie er durch einen Windkanal mit ungefähr 180 Stundenkilometern geblasen wurde und in Amerika mit Klebeband festgeklebt und Spanngurten versehen Achterbahn fuhr - ein Erlebnis, das laut Koch der TÜV in Deutschland für Menschen mit Behinderung verboten hat, da sich diese im Ernstfall nicht selbst evakuieren können. Selbst an einem Parabelflug durfte er teilnehmen, bei dem er mehrere Sekunden schwerelos war und mithilfe seines Bruders in dieser Zeit sogar einen siebenfachen Salto schaffte.
Doch es bleibt in dem Buch nicht bei Experimenten, die der Schwerkraft ein Schnippchen schlagen. Es gibt auch Tipps, was den größten "Ballaststoffen" und Schwergewichten im Leben, wie Sorgen, Angst und Sinnlosigkeit, entgegengesetzt werden kann. So helfe Dankbarkeit gegen Unzufriedenheit - und Demut vor einem toxischen Ego sowie dem Druck, "irgendwie (ge)wichtiger zu sein als andere." Denn: "Mit ein bisschen gesundgeschrumpften Ansprüchen an sich selbst und die Welt lebt es sich eindeutig viel leichter", ebenso wie mit der Erkenntnis, dass sich die Welt nicht nur um einen selbst und die eigenen Bedürfnisse dreht.
Samuel Koch erzählt von seiner Mutter, die seit Kriegsbeginn viele behinderte Kinder und deren Eltern aus der Ukraine nach Deutschland brachte und ein Zuhause für über 100 Leute schuf, um deren Bedürfnisse und Nöte sie sich bis jetzt intensiv kümmert. "Es gibt für jeden tausend Möglichkeiten, sich einzubringen, anderen zu helfen und die Welt ein bisschen besser zu machen." Für ihn sei anderen Menschen zu helfen ein sehr beflügelndes Gefühl und ein Booster für mehr Freude, Erfüllung und Frieden in der Welt.
Gegen Angst und Sorgen helfe ihm Hoffnung und sein christlicher Glaube. Nach seinem Unfall habe er zu seiner eigenen Überraschung die Erfahrung gemacht, dass es immer noch eine Möglichkeit mehr gebe, an die man nicht gedacht hat, und dass das Leben weiter gehe, als man denkt. Der Glaube an die Anwesenheit Gottes sei für ihn sehr erleichternd: "Dass nicht alles von meinen eigenen Bemühungen abhängt und ich es nicht aus eigener Kraft meistern muss." Er habe die Freiheit und auch die Verantwortung, das Leben selbst zu gestalten. "Aber ich muss es nicht allein schaffen."
Bedenken, dass man sterben muss, erhöhe ebenfalls die Lebensqualität. Denn ein Endlichkeitsbewusstsein helfe gegen Zeitverschwendung und dafür, Prioritäten zu setzen. Ihm helfe die Überzeugung, dass das Leben nicht alles und der Tod nicht das Ende sei, sondern ein Anfang. "Da ich überzeugt davon bin, dass das Beste erst noch kommt, muss ich nicht krampfhaft versuchen, das Leben möglichst vollzupacken oder zu verlängern", schreibt Koch. "Ich freue mich also auf den Himmel. Aber bis dahin schaue ich mal, was noch alles zu erleben ist."