In vielen Theorien werde weniger von einer "Dichotomie zwischen Mensch und Natur" ausgegangen, sagte der Abteilungsleiter des Hilfswerks "Brot für die Welt" dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Erfurt. Allein schon, wie viele indigene Völker auf Ressourcen und Generationengerechtigkeit blickten, könne ein guter Impuls sein.
"Es geht dabei nicht um die Romantisierung von Konzepten", betonte der Leiter der Abteilung Bildung des evangelischen Hilfswerks. Aber viele indigene Gemeinschaften hätten eine Lebensform mit einem anderen Beziehungsgeflecht zur Umwelt. Sie seien häufig in Auseinandersetzung mit widrigen Bedingungen und Gewalt entstanden und hätten es geschafft, bis heute zu überleben. Auch das mache sie interessant.
Der Bildungsexperte, der in Costa Rica, Kuba und Argentinien studiert hat, kritisierte, dass Wissenschaft und Bildung in den meisten Ländern nach wie vor von kolonialen Kontinuitäten beeinflusst seien. Als solches akzeptiert sei vor allem Wissen, das an europäischen oder US-amerikanischen Universitäten gelehrt werde. Die Erfahrungen und Theorien indigener Gemeinschaften hingegen würden "eher nicht anerkannt". Auch an den Universitäten spielten die Ansätze von Denkerinnen und Denkern aus dem Globalen Süden nach wie vor nur einer "sehr untergeordnete Rolle".
Dieses Fortleben kolonialer Strukturen zeige sich auch in internationalen Institutionen, sagte Bedurke. In den Corona-Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) etwa sei kein Wissen und kaum Erfahrungen aus Ländern des Globalen Südens einbezogen worden. Zugleich gebe es "punktuelle Veränderungen". Bei der UN-Landwirtschaftsorganisation FAO etwa würden inzwischen auch indigene Formen der Ernährungssicherung wahrgenommen. Aber sie seien dennoch nach wie vor nur am Rande wahrnehmbar, "sie dringen nicht ins Zentrum vor".
Es gehe nicht darum, ein Wissenssystem besser als das andere zu bewerten, sagte Bedurke. "Aber wir müssen die Provinzialität unseres Denkens aufbrechen." Diese bestehe darin, "dass wir nur einen beschränkten Kontext analysieren und diesen als universal verstehen". Es müsse versucht werden, ein breiteres Bild abzudecken. In der Bildungsarbeit von "Brot für die Welt" etwa werde versucht, die Perspektiven von Partnerorganisationen aufzuzeigen.