Politiker haben den als "Hitlerjunge Salamon" international bekannten Holocaust-Überlebenden Salomon "Sally" Perel gewürdigt, der im Alter von 97 Jahren gestorben ist. "Wir alle sind ihm unendlich dankbar dafür, dass er von dieser Zeit berichtet, geschrieben und immer wieder den Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gesucht hat", sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Donnerstagabend in Hannover. Auch Braunschweigs Oberbürgermeister Thorsten Kornblum (SPD) und die Volkswagen AG würdigten den aus Peine stammenden Perel, der seine Berufsausbildung bei VW in Braunschweig absolvierte.
Perel war am Donnerstag im Kreis seiner Familie in Israel gestorben. Salomon Perel, der 1925 im niedersächsischen Peine in Niedersachsen als Sohn eines Rabbiners geboren wurde, lebte zuletzt in Kiryat Tivon bei Haifa, der Partnerstadt von Braunschweig. 2020 hatte er die Ehrenbürgerschaft von Braunschweig erhalten. 1990 erschien seine Autobiografie "Ich war der Hitlerjunge Salomon", die auch verfilmt wurde. Darin erzählt er, wie es ihm gelang, in Deutschland seine jüdische Identität zu verbergen und als Mitglied der Hitlerjugend den Holocaust zu überleben.
Kornblum sagte, er sei tief betroffen über den Tod Perels und empfinde zugleich große Dankbarkeit. "Unzählige Jugendliche haben durch seine Schilderungen ein konkretes Bild von der Zeit des Nationalsozialismus erhalten und dem unsagbaren Menschheitsverbrechen, das sich niemals wiederholen darf." Mit seiner großen Persönlichkeit sei er den jungen Menschen auf Augenhöhe begegnet, "war niemals anklagend", sagte Kornblum. Perel sei das Bewusstsein für den verantwortungsvollen Umgang der Nachgeborenen mit der deutschen Vergangenheit bis ins hohe Alter wichtig gewesen.
"Sally Perel hatte eine unglaubliche innere Stärke", sagte Weil. "Er hat nie vergessen, wer er ist, das war die letzte Bitte seines Vaters an ihn." Er habe es auch nicht vergessen, als er jahrelang erst in der Wehrmacht und später in der Hitlerjugend gedient und als Lehrling im Volkswagen-Vorwerk gearbeitet habe. "Es muss ihm sehr schwergefallen sein, sich als Nazi auszugeben, um als Jude zu überleben."
Perels Familie war Mitte der 1930er-Jahre nach Polen übergesiedelt. Nach dem deutschen Überfall auf das Land schickten die Eltern Salomon und seinen Bruder Isaak in den von der Sowjetunion annektierten Teil Polens. 1941 entging er dort der Erschießung durch deutsche Truppen, weil er behauptete, ein "Volksdeutscher" zu sein. In der Folge diente Salomon unter dem Namen Josef "Jupp" Perjell einige Zeit der Wehrmacht als Dolmetscher. 1943 wurde er als Minderjähriger von der Front abgezogen und kam zur Berufsausbildung nach Braunschweig. Die Ausbildung zum Werkzeugmacher absolvierte er im Vorwerk von Volkswagen.
1948 verließ Perel Deutschland, um den gerade gegründeten Staat Israel mit aufzubauen. 1999 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Seit 2013 verleiht das Volkswagen Werk Braunschweig den Sally-Perel-Preis und fördert damit Initiativen junger Menschen gegen Rassismus. Volkswagen-Personalvorstand Gunnar Kilian sagte, das Unternehmen verliere mit Sally Perel einen Menschen, der die Hand zur Versöhnung ausgestreckt habe. "Er hielt uns an, Verantwortung für ein friedliches Miteinander zu übernehmen und hoffte dabei stets auf das Gute im Menschen."
2018 benannte die Stadt Braunschweig die Integrierte Gesamtschule Volkmarode in "Sally-Perel-Gesamtschule" um. Die Schule würdigte ebenfalls Perels Engagement für die Erinnerungsarbeit. Er habe sich bei seinen Besuchen, Lesungen und intensiven Gesprächen immer wieder für Respekt, Toleranz und Gerechtigkeit eingesetzt, hieß es in einem Statement. "Wir werden Sally nicht vergessen, er bleibt ein Teil unserer Schulgemeinschaft."