Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat erneut den Kompromiss verteidigt, der zur Abbaggerung des Ortes Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier führt. "Lützerath ist nicht das Weiter-So der Energiepolitik der Vergangenheit", sagte Habeck am Mittwochabend im "heute journal" des ZDF. Es sei ein Schlussstrich und das Ende der Braunkohleverstromung in Nordrhein-Westfalen.
Leider sei das Dorf Lützerath, das schon abgebaggert werden sollte und das RWE gehöre, nicht mehr zu retten gewesen, sagte Habeck und fügte zu den Protesten hinzu: "Mit großem Respekt vor der Klimabewegung ist meiner Ansicht nach der Ort das falsche Symbol." Der Grünen-Politiker betonte, dass der Kohleausstieg im Westen Deutschlands um acht Jahre vorgezogen werde.
Habeck und die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) hatten sich im Oktober 2022 mit dem Unternehmen RWE auf den vorgezogenen Braunkohleausstieg 2030 verständigt. Die Vereinbarung sieht außerdem vor, die noch zur Verstromung verfügbare Braunkohlemenge im Tagebau Garzweiler II auf rund 280 Millionen Tonnen zu halbieren. Fünf bislang von Umsiedlung bedrohte Dörfer im rheinischen Revier - Keyenberg, Kuckum, Oberwestrich, Unterwestrich, Berverath - sollen erhalten bleiben. Lützerath allerdings soll dem Kohlebagger weichen.
Seit Mittwoch räumt die Polizei den Ort, der von Protestierenden besetzt und verbarrikadiert ist. Am ersten Einsatztag wurden laut Polizei drei Einsatzkräfte leicht verletzt, ebenso zwei Personen aus dem Protestlager. Im Zusammenhang mit den anfänglichen gewalttätigen Protesten seien zwei Menschen festgenommen und Strafverfahren eingeleitet worden. Beamtinnen und Beamten seien mit Steinen, Pyrotechnik und weiteren Gegenständen beworfen worden, darunter auch Molotowcocktails.
Weinspach: Gewaltbereite in der Minderheit
Der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach sagte am Donnerstag im ZDF-Morgenmagazin, die Ausschreitungen seien bisher "sowohl zeitlich als auch örtlich begrenzt" und "nicht prägend" für den Einsatz gewesen. Er gehe davon aus, dass die gewaltbereite Szene weiterhin in der Minderheit sei und die Zahl ihrer Mitglieder "im unteren zweistelligen Bereich" liege.
Weinspach, der Partei-Mitglied der Grünen ist, äußerte Verständnis für die Demonstranten in Lützerath: "Ich habe Verständnis für das Grundanliegen, den Klimaschutz, und ich teile die Sorge, dass wir das 1,5-Grad-Ziel verfehlen könnten." Dennoch hätte er den Einsatz gerne vermieden, da dieser mit besonderen Risiken verbunden sei.
Die für den kommenden Samstag angemeldete Demonstration, zu der auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg in Lützerath erwartet wird, stelle die Einsatzkräfte vor eine "logistischen Herausforderung". Die Organisatoren hätten 3.000 Teilnehmer angemeldet, inzwischen würden mindestens doppelt so viele erwartet, sagte Weinspach.