An die 630.000 Menschen sind bundesweit auf die sogenannte Grundsicherung im Alter angewiesen. Seniorinnen und Senioren erhalten Sozialhilfe, wenn ihre Rente nicht für den Lebensunterhalt reicht. Miete und Heizkosten werden vom Sozialamt übernommen. Auch in München, der reichen Stadt, sind 17.000 Seniorinnen und Senioren auf diese Hilfe angewiesen. Einer von ihnen ist Peter Fraul (Name geändert). "Ich merke das brutal", sagt der 71-Jährige. Er meint damit die derzeitigen drastischen Preiserhöhungen bei den Lebensmitteln.
Peter Fraul ist ein Mensch, der keine Scheu hat, über seine soziale Lage zu sprechen. Seinen Namen will er aber trotzdem nicht in der Zeitung lesen. Ihm gehe es noch vergleichsweise gut, sagt er. Man sehe ihm die Armut nicht an. Aber wenn am Monatsende kein Geld mehr da sei, fühle er sich schlecht.
650 Euro kostet Frauls Ein-Zimmer-Wohnung in einem Altbau im Westen der Stadt, inklusive Nebenkosten. Die Bruttomiete zahlt das Sozialamt. In der 33 Quadratmeter großen Erdgeschoss-Wohnung stehen ein Bett, ein Tisch, ein Herd. Außerdem besitzt Fraul viele Bücher.
Fraul hat im Monat rund 500 Euro zum Leben. 450 Euro davon kommen aus seiner Rente. Die restlichen 50 Euro sind Geschenke oder Zuschüsse von verschiedenen Institutionen, zum Beispiel von der Stiftung Lichtblick Seniorenhilfe. "Mein Rasierapparat ging kaputt", erzählt er. "Ich brauchte einen neuen." Den hat er bei der Seniorenhilfe beantragt und bekam dafür 100 Euro: "Aber sie wollen eine Kopie der Rechnung", dort werde genau abgerechnet. Auch bei den Alten-und Servicezentren der Stadt gibt es Zuschüsse. Zum Beispiel 60 Euro für die jährliche Zahnreinigung.
Die Zahl der Bezieher der Grundsicherung im Alter steigt seit Jahren, sagte Florian Blank, Leiter des Referats Sozialpolitik des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung in Düsseldorf, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Ihr Anteil an allen Senioren liege jedoch stabil bei drei Prozent. Die derzeitigen Teuerungen träfen Menschen mit geringen Einkommen besonders hart.
Tafeln abschaffen und Gutscheine verteilen
Peter Fraul kocht für sich selbst, für den kostenlosen Mittagstisch in den Altenzentren ist er nicht berechtigt, sagt er. Einmal die Woche isst er Fleisch. Doch seit die Preise für die Lebensmittel durch die Decke gegangen sind, reiße der Einkauf große Löcher in sein Budget.
Zur Tafel gehe er dennoch nicht: "Dort muss man immer in einer langen Schlange anstehen, das machen meine Füße nicht mehr mit." Einmal habe man ihm geraten sich hinzusetzen. "Auf den kalten Stein, im Winter", erinnert er sich empört. "Man sollte die Tafeln abschaffen und den Leuten Gutscheine für den Einkauf geben", fordert er.
Der 71-Jährige gibt sich für seine Armut selbst die Schuld. Sein Berufsweg begann mit einer Ausbildung zum Steuerbeamten, mittlerer Dienst: "Das war entsetzlich langweilig, die jungen Kollegen haben sich schon ihre Rente ausgerechnet." Er quittierte den Dienst, geriet in Kreise, die viel Alkohol und Haschisch konsumieren.
Später nahm er in Konstanz ein Studium der Germanistik und Politikwissenschaft auf, machte aber keinen Abschluss. Er hatte Probleme mit dem Alkohol. In München machte er verschiedene Jobs. Auch war er länger arbeitslos. Mit 61 Jahren ging Peter Fraul in den Ruhestand. Sein Einkommen durch kleinere Jobs aufzubessern, das schaffe er kaum noch. Das gehe aus gesundheitlichen Gründen nicht.