Rund 120 Menschen haben am Sonnabend im niedersächsischen Eschede gegen einen Treffpunkt von Rechtsextremisten demonstriert. Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) sagte zum Auftakt am Bahnhof des Ortes bei Celle, die Gefahr durch Rechtsextremisten sei nicht zu unterschätzen. Das zeige sich spätestens seit den Durchsuchungen bei der Reichsbürger-Szene auch in Niedersachsen.
Zur Kundgebung in Eschede hatte das "Netzwerk Südheide gegen Rechtsextremismus" aufgerufen, ein Bündnis aus Parteien, Gewerkschaften, Kirchen und Initiativen wie den "Omas gegen Rechts". Immer dann, wenn auf einem Hof der NPD in dem Ort möglicherweise Rechtsextremisten etwa zu "Sonnwendfeiern" zusammenkommen könnten, versammeln sich die Demonstranten dort. Hamburg würdigte dieses langjährige Engagement. "Wir sind Ihnen dankbar dafür, dass sie für unsere Werte, für Demokratie und ein vielfältiges Niedersachsen eintreten", sagte die Politikerin.
Sie sicherte die Unterstützung der Landes-Politik zu und rief zu einer noch engeren Vernetzung von Initiativen gegen Rechtsextremismus auf. Unter den Rednern in Eschede war auch Jürgen Uebel vom Bündnis "Bad Nenndorf ist bunt", das sich über viele Jahre und schließlich erfolgreich gegen rechte Aufmärsche in dem niedersächsischen Kurort gewehrt hatte.
Die Demonstranten zogen mit einem Banner mit der Aufschrift "Bunte Vielfalt statt braune Einfalt" mehrere Kilometer durch den Ort und zuletzt über einen Feldweg bis kurz vor den Hof. Bei einer Zwischenkundgebung sagte der Lüneburger evangelische Regionalbischof Stephan Schaede: "Die Kirche tritt für eine bunte Gesellschaft ein, gegen Neonazis." Er warb für eine offene Gesellschaft: "Der tödliche Virus der Intoleranz darf in unserem Land nicht herrschen."
Der NPD-Landesverband Niedersachsen hatte den Hof 2019 von seinem Mitglied Joachim Nahtz gekauft. Die Immobilie ist seit mehr als 30 Jahren ein Treffpunkt verschiedener rechtsextremistischer Organisationen. Initiativen gegen Rechtsextremismus aus der Region demonstrieren seit fast 15 Jahren regelmäßig gegen die Treffen, die nach ihrer Einschätzung der Vernetzung der rechten Szene dienen. Sie befürchten, es könnte erneut ein Schulungszentrum von Rechtsextremisten entstehen, das es in der Vergangenheit in der Region bereits gegeben hat. "Wir wollen die menschenfeindliche Ideologie, die auf dem Hof verbreitet wird, nicht unwidersprochen im Raum stehen lassen", betonte der evangelische Ruhestands-Pastor Wilfried Manneke.
Für Aufregung sorgte bei der Kundgebung ein Mann, der Demonstrierende fotografierte und den diese als NPD-Mann Michael Müller identifizierten. Dies werteten einige als verdeckte Drohung. "Wenn ich ein Foto von dir habe, weiß ich auch bald, wie du heißt und wo du wohnst", sagte Manneke, auf dessen Haus Unbekannte vor einigen Jahren einen Molotowcocktail geworfen hatten. Eine "Sonnwendfeier" fand am Sonnabend auf dem Hof Nahtz offensichtlich nicht statt. Nur Müller und ein weiterer Mann waren zu sehen und beobachteten über einen Zaun hinweg die Kundgebung.