"Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?", fragte einst Bert Brecht. Moralisch mag diese Haltung nachvollziehbar sein, aber die polizeiliche Perspektive ist selbstredend eine andere; erst recht, wenn ein Bankier stirbt. Allerdings finden Chefinspektor Sascha Bergmann (Hary Prinz) und seine Kollegin Anni Sulmtaler (Anna Unterberger) recht bald heraus, dass Rudi Stiegler, Besitzer eines privaten Geldinstituts irgendwo in der steirischen Provinz, kein Unschuldslamm war: Er hat seiner Kundschaft den historisch tiefen Zinsen zum Trotz großzügige Renditen versprochen. Das funktionierte jedoch nur mit Hilfe eines Schneeballsystems: Was die linke Hand einnahm, hat die rechte gleich wieder verteilt.
Als der Betrug auffliegt, kommt es zu Tumulten; kurz drauf erliegt Stiegler (Gottfried Breitfuß) nach einem Einbruch, bei dem sein Safe ausgeräumt wird, einem Herzinfarkt. Verdächtig sind im Grunde alle, die der Bank ihr Geld anvertraut haben; die Pleite droht das ganze Dorf mit sich in den Abgrund zu reißen. Da der Staat jedoch mit einer Einlagensicherung bürgt, bleiben als Verdächtige in erster Linie jene, deren verlorenes Vermögen die entsprechende Grenze überschreitet. Das gilt vor allem für den Eishockeytrainer Aflenzer (Heikko Deutschmann): Er hat über 200.000 Euro verloren.
Wie stets nisten sich Bergmann und Sulmtaler im örtlichen Gasthof ein und bekommen die dörflichen Feindseligkeiten auf diese Weise hautnah mit. Im Zentrum der Auseinandersetzungen steht der Aufsichtsrat der Bank, der quasi identisch ist mit dem Vorstand des dank der regelmäßigen Zuwendungen Stieglers erstaunlich erfolgreichen Eishockeyclubs. Es scheinen ohnehin alle unter einer Decke zu stecken, was den Zwist noch verschärft, denn einer konnte seine Schäfchen aufgrund eines Insider-Tipps rechtzeitig ins Trockene bringen.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Bergmanns Chefin (Bettina Mittendorfer) bittet ihn zudem, ein Auge auf den Revisor zu haben: Markus Tauber (Michael Menzel) hat sich auffällig engagiert darum bemüht, Stieglers Buchführung zu prüfen; womöglich war er an den Machenschaften beteiligt. Der Banker hatte zwar eine clevere Methode gefunden, mit deren Hilfe er den Wirtschaftsprüfern vorgaukeln konnte, dass seine Bank bei anderen Geldinstituten erhebliche Summen deponiert hatte, aber trotzdem ist es seltsam, dass sich bei den routinemäßigen Kontrollen nicht der kleinste Verdacht ergeben hat. Da Bergmann nicht entgangen ist, dass Tauber alle nur verfügbaren Augen auf die Kollegin Sulmtaler geworfen hat, setzt er sie auf den Bankprüfer an, was ihr durchaus nicht Unrecht ist.
Der auch hierzulande äußerst renommierte Regisseur Wolfgang Murnberger hat sämtliche "Steirerkrimis" inszeniert. Die gemeinsam mit Gattin Maria verfassten Drehbücher basieren in der Regel auf den Romanvorlagen von Claudia Rossbacher. Einzige Ausnahme war bislang "Steirertod" (2021), weil Miriam Stein die Reihe verlassen wollte und sich die Murnbergers eine eigene Geschichte ausdenken mussten, um Anni Sulmtaler einzuführen. Die gebürtige Südtirolerin hat sich mittlerweile derart gut an der Seite von Hary Prinz etabliert, dass ihre Vorgängerin fast in Vergessenheit geraten ist.
"Steirergeld" ist nun das zweite Originaldrehbuch. Das Handlungsgerüst erinnert ein wenig an den letzten Fall, "Steirerstern" (2022). Auch damals mussten sich Bergmann und Sulmtaler mit den besonderen Gepflogenheiten einer eigenen Welt vertraut machen: dort die Volksmusik, hier das Kapital. Da die Materie diesmal komplexer ist, fallen Bergmanns Sarkasmen deutlich sparsamer aus; das ist schade, denn die Kommentare des Chefinspektors machen einen großen Reiz der Reihe aus.
Zum Ausgleich bringen Wolfgang und Maria Murnberger eine kräftige Prise Romantik ins Spiel: Weil Annis Bauch mit Nachdruck für Taubers Unschuld plädiert, kommt ihr das Gespür für die Trennung zwischen beruflichem und privatem Engagement abhanden, was zum Verdruss des Vorgesetzten prompt zu einer "blöden Situation" führt. Trotz eines weiteren Todesfalls – einem Erpresser sind nur wenige Sekunden der Freude über seine Beute vergönnt – hat Murnberger den Film gewohnt entspannt inszeniert. Schon die Musik (Roman Kariolou) signalisiert, dass "Steirergeld" kein Thriller ist: Packend ist sie nur zu Beginn, als der Bankier das Zeitliche segnet; kaum greift das Duo aus Graz ins Geschehen ein, klingen die Klänge deutlich gemütlicher. Wer Krimis nutzt, um die eigenen grauen Zellen zu trainieren, wird die Lösung des Falls zudem wesentlich früher als Bergmann und Sulmtaler erahnen.