Nach den Erfahrungen in der Corona-Pandemie warnt der Deutsche Ethikrat vor einer erneuten Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen in der aktuellen Energiekrise. Es müsse sichergestellt werden, dass Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in gesellschaftlichen Krisen nicht wieder als Erste oder in weit überwiegendem Umfang die Lasten der Krisenbewältigung tragen müssen, heißt es in einer jetzt vorgestellten Ad-hoc-Empfehlung des Gremiums.
Die Ethikratsvorsitzende Alena Buyx warnte etwa, dass Energieeinsparungen in Klassenzimmern, Turnhallen und Schwimmbädern Jüngere besonders hart träfen. Sie kritisierte auch Überlegungen, die Semesterferien im Winter zu verlängern, um Energie zu sparen.
Schon wieder werde jetzt die jüngere Generation in die Pflicht genommen, sagte sie. In der Corona-Pandemie sei oft übersehen worden, "dass Bildungsorte soziale Lebensorte sind", sagte Buyx. Dort bei Einsparungen anzusetzen bedeute, dass damit "immer auch ein Lebensort kaltgestellt" werde, ergänzte die evangelische Theologin Petra Bahr, die ebenfalls dem Ethikrat angehört.
Die Stellungnahme der Wissenschaftler verschiedener Disziplinen räumt selbstkritisch ein, dass Belange und Belastungen der jüngeren Generationen in der Pandemie nicht ausreichend Beachtung erfahren hätten - "auch durch den Deutschen Ethikrat". "Die jungen Generationen sind Minderheiten geworden", sagte Buyx. Damit gebe es die Gefahr, dass ihre Interessen ins Hintertreffen gerieten, warnte die Medizinethikerin.
"Solidarische Antwort" fehlt
In Zukunft müsse mehr darauf geachtet werden, dass Jüngere "nicht noch einmal derart einseitig in ihrer Lebensentfaltung beschränkt werden", fordert die Stellungnahme. Das gelte aktuell für die Energieversorgungskrise, mittel- und langfristig auch für die Bewältigung der globalen Klimakrise. Das Gremium arbeitet Buyx zufolge derzeit auch an einer Stellungnahme zum Thema Klimagerechtigkeit, die im kommenden Jahr fertig sein soll.
Während Jüngere bereitwillig und bewusst Solidarität bei der Vermeidung von Corona-Ansteckungen gezeigt hätten, sei eine "solidarische Antwort" auf deren eigene Notlage ausgeblieben, sagte die hannoversche Regionalbischöfin Bahr. Dies führe zu einem "latenten Konflikt der Generationen".
Auch psychische Gesundheit gehört dazu
Die Stellungnahme verweist unter anderem auf Einschränkungen im Sozial- und Freizeitleben von Kindern und Jugendlichen, den oft stressigen Lockdown-Alltag zu Hause und öffentlich erhobene Vorwürfe an eine vermeintliche "Party-Jugend", die sich in der Pandemie leichtfertig und egoistisch verhalte.
Das Papier empfiehlt unter anderem einen Ausbau psychologischer und sozialer Angebote für Jugendliche sowie eine entsprechende Fortbildung von Pädagoginnen und Erziehern, um den Belastungen junger Menschen besser gerecht zu werden.
Die psychische Gesundheit der Jüngeren sei in der Pandemie zu wenig beachtet worden, kritisierte der Jurist Stephan Rixen. Das gehöre aber zu einem vollständigen Blick auf Gesundheit, sagte das Ethikratsmitglied. Die Stellungnahme des Gremiums empfiehlt zudem, das Verhalten von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie von politischer Seite ausdrücklich anzuerkennen: "Die Gesellschaft schuldet Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen für diese Solidaritätsleistung großen Dank und Respekt."