Urne
© epd-bild/Tim Wegner
Laut einer aktuellen Umfrage haben 29 Prozent der Deutschen Angst, "jemandem zur Last zu fallen", wenn sie an ihr eigenes Sterben denken.
Umfrage
Angst vor dem Sterben nimmt zu
Immer mehr Menschen haben laut einer Umfrage Angst davor, beim Sterben für ihre Angehörigen eine Last zu sein. Angesichts dieser Entwicklung dringen Experten weiter auf ein Gesetz zur Suizidprävention.

Nach den am 22. November vom Deutschen Hospiz- und Palliativverband in Berlin veröffentlichten Befragungsergebnissen haben 29 Prozent der Deutschen Angst, "jemandem zur Last zu fallen", wenn sie an ihr eigenes Sterben denken. In der vergleichbaren Umfrage im Jahr 2017 sagten dies 22 Prozent. Der Anstieg müsse der Gesellschaft vor dem Hintergrund der Debatte über eine Regelung der Suizidassistenz zu denken geben, kommentierte der Verband das Ergebnis.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar 2020 geurteilt, dass das Recht auf selbstbestimmtes Sterben auch das Recht umfasst, hierbei Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Eine bis dahin geltende Regelung, die organisierte Suizidassistenz von Sterbehilfeorganisationen verboten hatte, erklärte das Gericht für nicht zulässig.

Im Bundestag wird derzeit um eine neue Regelung gerungen, die Voraussetzungen und Grenzen dieser Form der Sterbehilfe definieren soll. Drei Gesetzesvorschläge liegen dazu vor. In der kommenden Woche wird der Rechtsausschuss des Parlaments dazu Expertinnen und Experten anhören.

Der Hospiz- und Palliativverband hatte bereits im Sommer gefordert, dass vor einer gesetzlichen Regelung der Hilfe bei der Selbsttötung ein Gesetz zur Suizidprävention kommt. Dass dazu im Bundestag nur ein Antrag vorliege, "ist uns entschieden zu wenig", sagte der Geschäftsführer des Verbands, Benno Bolze.

Pflegekräfte müssen "rote Linien" finden

Wie überall in den Wohlfahrtsverbänden gibt es Bolze zufolge auch in seinem Verband eine Diskussion darüber, wie Einrichtungen und Dienste zur Begleitung Sterbender mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts umgehen sollen. Es sei für den Verband nicht neu, dass Einrichtungen mit dem Wunsch nach Suizidassistenz konfrontiert würden, sagte Bolze.

Verändert habe sich aber, dass Menschen das nun einforderten. Der Verband bemühe sich um Eckpunkte, die Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen Beispiele geben sollen, "wie man eine rote Linie für sich finden kann", sagte Bolze. Die Beihilfe zum Suizid oder die Vermittlung dazu sehe der Verband weiterhin nicht als reguläres Angebot an.

Die Umfrage im Auftrag des Verbands, für die im September 1093 Deutsche ab 18 Jahren von der Forschungsgruppe Wahlen befragt wurden, hat nicht direkt nach der Meinung zur Suizidassistenz gefragt. Wie bei vergleichbaren Umfragen 2012 und 2017 wurden Wissen und grundsätzliche Einstellungen zum Sterben abgefragt.

Angst vor Apparaten, Schmerz, Einsamkeit

Wie die Ergebnisse weiter zeigen, haben Menschen im Zusammenhang mit dem eigenen Sterben die größte Angst davor, "hilflos der Apparatemedizin ausgeliefert zu sein" oder an Schmerzen zu leiden. Jeweils 32 Prozent der Befragten äußerten sich entsprechend. Vor fünf Jahren waren es ähnliche Werte. 17 Prozent der Menschen haben Angst davor, allein zu sterben. Das ist der gleiche Wert wie 2017.

Bei der Frage nach dem Ort, an dem man am liebsten sterben möchte, sagt die Hälfte der Befragten "zu Hause". 21 Prozent würden am liebsten in einer Einrichtung der Sterbebetreuung sterben, nur drei Prozent im Krankenhaus und nur ein Prozent im Alten- oder Pflegeheim. Die Realität sieht aber anders aus: Demnach starben nahestehende Menschen der Befragten meist im Krankenhaus (44 Prozent) und seltener zu Hause (34 Prozent). In einer Einrichtung der Sterbebegleitung starben fünf Prozent, in einem Alten- oder Pflegeheim 13 Prozent.