Wissenschaftler haben sich enttäuscht über die Ergebnisse des Weltklimagipfels in Scharm el Scheich gezeigt. "Wir kommen einfach nicht voran", sagte der Klimaforscher Mojib Latif und stellte das Format der UN-Gipfel generell infrage. Der Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie, Manfred Fischedick, bilanzierte die Klimakonferenz als "eine verpasste Chance".
Nach zweiwöchigen zähen Verhandlungen war der Gipfel am 20. Npvember zu Ende gegangen. Neben einem Ausgleichsfonds für Klimaschäden in armen Staaten beschlossen die Delegierten ein Arbeitsprogramm zur schnelleren Minderung der Treibhausgase, das aber hinter den Erwartungen europäischer Länder zurückblieb. Ein klares Bekenntnis zum Ausstieg aus fossilen Energien scheiterte am Widerstand von Ländern wie Saudi-Arabien.
Die Bundesregierung räumte ein, dass die Konferenz insbesondere im Bereich der Treibhausgasemissionen "unterhalb unserer Erwartungen geblieben" sei. "Das muss man so klar sagen", sagte der Sprecher von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Steffen Hebestreit, in Berlin. Als Fortschritt bezeichnete er die Einigung auf den Fonds zur Bewältigung klimabedingter Schäden und Verluste.
Für den Kieler Wissenschaftler Latif sind die Ziele des Pariser Klimaabkommens in weite Ferne gerückt. "Die 1,5-Grad-Marke werden wir auf jeden Fall reißen", sagte er im Deutschlandfunk. Im Moment sei die Welt auf einem Kurs von 2,5 Grad Celsius Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter. "Ich würde sogar eher sagen 3 Grad", fügte er hinzu.
Konferenzformat überholt
Latif sieht vor allem die G20-Staaten in der Pflicht, ihren CO2-Ausstoß zu drosseln. Auf diese Länder entfielen weltweit derzeit rund 80 Prozent der Emissionen. "Die müssten sich zusammensetzen in einem neuen Format und wirklich versuchen, den Ausstoß von Treibhausgasen so schnell wie möglich zu senken", sagte er. Das Format der Weltklimakonferenzen kritisierte der Kieler Forscher als überholt.
Auch der Klimaforscher Fischedick drängte auf rasches Handeln: "Kommt es nicht kurzfristig zu einer Umkehr der Staatengemeinschaft, wird es schwierig bis unmöglich werden, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen." Dann werde es auch schwierig werden, die Folgen des Klimawandels in handhabbaren Grenzen zu halten, sagte er der "Rheinischen Post" (21.11.).
Schutzzölle gegen China
Der ARD-Meteorologe Sven Plöger erklärte, er sei traurig, "dass wir am Ende jeder Konferenz wiederkehrend zuschauen müssen, wie behäbig vorgegangen wird". Es sei zwar gut, dass es die Weltklimakonferenzen gebe - nur so werde auf höchster Ebene gesprochen, sagte Plöger der "Augsburger Allgemeinen" (Montag). Aber angesichts des immensen Leides, das der Klimwandel verursache, sei "unser Verhalten schlicht irritierend und nachfolgenden Generationen gegenüber unfair".
Im Fokus der Kritik steht unter anderem China als größter Treibhausgasproduzent weltweit. Latif sagte, die Volksrepublik habe überhaupt kein Interesse daran, ihre Emissionen zu senken. Einer "Allianz der Willigen", in denen der Wissenschaftler sich neben der EU die USA und Kanada wünscht, bleibe daher nichts anders übrig, als die "dreckig gefertigten Produkte" aus China von ihren Märkten fernzuhalten. Eine Möglichkeit dazu wären aus seiner Sicht Schutzzölle.
Ähnlich äußerte sich der Klimaaktivist und Jesuitenpater Jörg Alt. Er sprach sich für strenge Klimaschutz-Regeln in der Europäischen Union aus, die dann ihren Binnenmarkt mit einer Grenzausgleichssteuer gegen Billigkonkurrenten aus Ländern mit schwächeren Auflagen abschirmen solle. Um Zugang zu Europa - dem weltgrößten Binnenmarkt - zu bekommen, müssten diese Länder sich dann anpassen, sagte Alt dem Evangelischen Pressedienst.