Die Ordination von drei Frauen zu Pastorinnen im Mai 2021 in der Saddleback Kirche in den USA bleibt für konservative Christen bis heute ein Stein des Anstoßes. Einige vertreten die Ansicht, man müsse Saddleback ausschließen, immerhin eine der größten Gemeinden der 13,7 Millionen Mitglieder starken Southern Baptist Convention (SBC). Das Pastorenamt sei Männern vorbehalten, bekräftigte SBC-Präsident Bart Barber Anfang November. Das steht auch so im baptistischen Grundsatzdokument "Baptist Faith and Message".
Das ist keine Einzelstimme: Mehr als Tausend SBC-Pastoren warnten vor wenigen Wochen in einem Brief vor dem Trend, Frauen in "pastoralen Rollen" anzustellen - häufig als Co-Pastorinnen, Jugendpastorinnen oder Musikpastorinnen. Alle Bezeichnungen machten sich den Titel "Pastor" zunutze, beklagen die Unterzeichner. Das schade dem Verband und fördere Uneinigkeit unter Gläubigen.
Wohin das führe, sehe man in den großen protestantischen Mainline-Kirchen. Durch die Einführung von Pastorinnen hätten diese die biblische Lehre aufgegeben. "Damit begann ihr schneller Niedergang", so die Kritiker mit Blick auf den seit Jahren anhaltenden großen Mitglieds-Verlust in diesen Kirchen.
Pauluszitate gegen Frauenordination
Bei Methodisten, Presbyterianern und Anglikanern steht Frauen das Predigtamt seit vielen Jahren offen. In der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika ist eine Frau die leitende Bischöfin. Der Südliche Baptistenverband ist eine der letzten großen protestantischen Kirchen, in der Männer in den leitenden Ämtern unter sich sind. Gegner der Frauenordination zitieren häufig aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Korinther, Kapitel 14. Frauen sollten in der Versammlung schweigen und sich unterordnen, heißt es dort.
Seit Jahrzehnten wird in den USA über die Frauenordination debattiert. Einige Gläubige haben den Südlichen Baptistenverband verlassen, weitere traten anderen baptistischen Vereinigungen mit Pastorinnen bei, wie den American Baptist Churches oder der Cooperative Baptist Fellowship.
Jimmy Carter sprach von Einsatz selektiver Bibelpassagen gegen Frauen
Einer, der sich vor längerem vom Südlichen Baptistenverband verabschiedet hat, ist der frühere US-Präsident Jimmy Carter, Sonntagsschullehrer und lebenslanger Baptist. Seine Entscheidung sei "unvermeidlich" gewesen, schrieb der heute 98-jährige Carter im Jahr 2009. Baptistische Verantwortliche hätten selektiv Bibelpassagen zitiert, wonach Frauen nicht Pastoren sein dürfen. Diese Auffassung stehe im Konflikt zu seinem Glauben, dass "wir alle gleich sind in den Augen Gottes".
Mitgliederzahl der Baptisten schrumpft seit Jahren
Das gegenwärtige Aufflackern des Streits kommt zu einer schwierigen Zeit für die Südlichen Baptisten. Die Mitgliederzahlen fallen seit 15 Jahren. Die politische Nähe zur Republikanischen Partei schadet möglicherweise der Verkündigung. Seit etwa zwei Jahren werden Details bekannt über sexuellen Missbrauch durch Pastoren und Mitarbeiter. Laut einem vom Verband in Auftrag gegebenen Bericht sind Missbrauchsopfer viele Jahre lang ignoriert und eingeschüchtert worden.
Die Auseinandersetzung ist Teil eines Kulturkampfes. Der "SBC driftet in eine liberale Richtung", warnte das vor zwei Jahren gegründete "Konservative Baptistennetzwerk". Predigende Frauen würden zunehmend akzeptiert, bei LGBT-Anliegen seien manche im Verband "weicher" geworden, und die "kritische Rassentheorie" sei in baptistische Lehrinstitutionen "hineingekrochen". Die Theorie macht gesellschaftliche Umstände für Rassismus verantwortlich und wird im konservativen Amerika abgelehnt.
Bei der diesjährigen SBC-Jahresversammlung wurde die "Pastorinnenfrage" vertagt. Man müsse zum Beispiel prüfen, was man mit Gemeinden tue, die sich nicht an das Grundsatzdokument "Baptist Faith and Message" halten. Ein Rauswurf ist schwierig. Gemeinden müssen sich nur mit den Grundsätzen "eng identifizieren". Baptisten betonen die Gewissensfreiheit und Autonomie der Gemeinden. Bei der Jahresversammlung 2023 wird der Streit sicherlich weitergehen.