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5. November, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Harter Brocken: Das Überlebenstraining"
Was macht den typischen Charakter einer Filmreihe aus? Die zentralen Figuren natürlich, der Handlungsort ebenfalls; aber für Unverwechselbarkeit sorgt in erster Linie eine ganz spezielle Handschrift.

Deshalb nehmen sowohl "Nord bei Nordwest" wie auch "Harter Brocken" in der Krimilandschaft eine besondere Stellung ein: Viele der jeweiligen Geschichten könnten sich problemlos als knallharter Thriller erzählen lassen, doch Holger Karsten Schmidt bricht die Spannung seiner Drehbücher immer wieder durch gern auch mal makabre kleine Heiterkeiten. Charakteristisch für die Lust am Kontrast ist die weibliche Hauptfigur des siebten Films mit Aljoscha Stadelmann als notorisch unterschätzter Harzer Dorfpolizist: Unter anderen Vorzeichen hätte sich zwischen Frank Koops und der schönen Zarah womöglich eine Romanze ergeben können; bedauerlicherweise ist die Frau eine kaltblütige Mörderin. 

"Das Überlebenstraining" ist bereits die zweite "Brocken"-Episode, an der Schmidt allenfalls noch mittelbar mitgewirkt hat, weil er nach wie vor als Berater zur Verfügung steht. An der letzten war noch Niels Holle beteiligt, der bereits diverse Bücher für "Nord bei Nordwest" geschrieben hat und den Tonfall des Kollegen entsprechend gut kennt. Benjamin Hessler hat sich allerdings unübersehbar gleichfalls gut in die Atmosphäre der Reihe eingearbeitet, und das nicht nur wegen der gelungenen Durchdringung des Thrillers mit Comedy-Elementen. Schon der Rahmen entspricht perfekt dem Geist der bisherigen Filme: Zarah (Sabrina Amali) hat ihrem Arbeitgeber ein winziges Gerät geklaut, mit dem sich ein gewaltiger elektromagnetischer Impuls auslösen lässt.

Natürlich hat der Chef seine Erfindung nicht freiwillig hergegeben. Die nächsten Opfer sind zwei Männer, die am titelgebenden Survival-Wochenende von Nora Sehr (Annika Blendl) teilnehmen wollten. Da die Tour am nahegelegenen Sportflughafen vorbeiführt, wo Zarah und ihr Komplize Adam (Hassan Akkouch) abgeholt werden sollen, schlüpfen die beiden kurzerhand in die Rollen von "Alex" und "Tom". Wie es der Zufall will, gehört auch Koops zu der Gruppe: Kollegin Mette Vogt (Anna Fischer) hat ihm das Überlebenstraining zum Geburtstag geschenkt; ihr Freund, Postbote Heiner (Moritz Führmann), ist ebenfalls mit von der Partie. Als Koops den Fahndungsaufruf für das Mörderpärchen auf sein Smartphone bekommt, beginnt ein Katz-und-Maus-Spiel, allerdings mit ständig wechselnden Rollen: Zarah weiß, dass Koops Polizist ist; und sie weiß auch, dass er weiß, was sie getan hat. 

Das klingt nach perfekten Rahmenbedingungen für einen Thriller, selbst wenn das Drehbuch die Gruppe nicht wie einst die Männer in John Boormans Abenteuerfilm "Beim Sterben ist jeder der Erste" (1972) mit feindseligen Einheimischen konfrontiert. Umso überraschender ist der Ansatz, den Buket Alaku? gewählt hat: Ihre Inszenierung macht aus der Geschichte zwar keine Komödie, aber der Nervenkitzel steht zumindest nicht im Vordergrund, zumal Zarah auch dank der formidablen Verkörperung durch Sabrina Amalfi eine ambivalente Figur ist. Die Schweizerin mit marokkanischen Wurzeln war schon als Nebendarstellerin in den gleichfalls im Auftrag der ARD-Tochter Degeto entstandenen Thrillern "Der Beschützer" (2021) und "Spurlos in Marseille" (2020) sehr präsent; einige der Szenen mit Stadelmann könnten auch aus einer Romanze stammen. Außerdem sind Zarahs Motive im Grunde ehrenwert, was Koops durchaus für sie einnimmt; ihre Mittel allerdings kann er natürlich nicht billigen. Komplize Adam, der schließlich die ganze Gruppe umbringen möchte, sorgt zudem dafür, dass nicht alle Mitglieder des Survival-Trainings das Ziel lebend erreichen. 

Gerade wegen der stilistischen Vielfalt erweist sich Alaku?, für ihre fußballerische Tragikomödie "Eine andere Liga" (2005) mit dem Grimme-Preis geehrt, als richtige Wahl, obwohl ihre bekanntesten Arbeiten, "Einmal Hans mit scharfer Soße" (2013) sowie "Der Hodscha und die Piepenkötter" (2016), ein gänzlich anderes Genre repräsentierten. Der Film hat durchaus seine Thriller-Momente; schon der Prolog, als sich das Unheil auf leisen Sohlen anschleicht, ist in dieser Hinsicht gekonnt inszeniert. Der Wald mit all’ seinem krabbeligen Kroppzeug spielt natürlich ebenfalls eine Hauptrolle. Die Handlung trägt sich größtenteils in der Natur zu, was angesichts der ungemütlichen herbstlichen Drehbedingungen vermutlich eine echte Herausforderung für alle Beteiligten dargestellt hat. Ihren Charme verdankt die wendungsreiche Geschichte, in der auch noch ein Waldgeist sein Wesen treibt, den ohne aufdringliches Augenzwinkern inszenierten Details, wenn Mette Vogt zum Beispiel froh ist, ein Wochenende lang die Ruhe genießen zu können, und donnernde "Trash Metal"-Musik hört. Gemessen daran ist der Outdoor-Wettstreit zwischen Heiner, der natürlich im denkbar ungünstigsten Moment von seiner Spinnenphobie eingeholt wird, und einer unangenehmen Besserwisserin (Karoline Bär) fast schon überbetont. Sehr sympathisch ist auch eine versteckte Insider-Hommage: Mettes Tochter heißt Lona, eine kleine Verbeugung vor Lona Vogt, der ermordeten Polizistin aus "Nord bei Nordwest".