Das macht das Zuschauen wesentlich angenehmer. In der zu Beginn des Jahres ausgestrahlten Premiere ("Das böse Kind") verliefen nahezu alle Szenen mit dem Duo konfrontativ, getreu der Devise "Wer Kolleginnen hat, braucht keine Feinde." Ein gewisses Fremdeln ließ sich zwar gut nachvollziehen, weil die jüngere Julia Jungklausen (Belitski) die neue Lebensgefährtin des Ex-Mannes von Irene Gaup (Peters) ist, aber auch darüber hinaus schienen Buch und Regie großen Wert darauf zu legen, die beiden Hauptrollen charakterlich und äußerlich so kontrastreich wie möglich zu gestalten.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Fall Nummer zwei, "Für immer", bietet sich gänzlich anders dar. Die Zusammenarbeit der Kommissarinnen ist derart harmonisch, dass sie fast schon freundschaftliche Züge trägt. Beim gemeinsamen Besuch einer Frauenkneipe werden sie gar für ein Paar gehalten, weshalb sich das "Du" förmlich aufdrängt. Weil sich das Drehbuch (erneut Annette Simon, diesmal mit Unterstützung durch Stefan Schaller) nicht mehr mit den Animositäten aufhalten muss, steht der geschickt eingefädelte Fall im Vordergrund. Der Film beginnt mit einer Hommage an "Das Fenster zum Hof". In dem Hitchcock-Klassiker glaubt ein Fotoreporter, dass auf der anderen Seite des Innenhofs ein Nachbar seine Frau ermordet hat. Der Zeuge im ZDF-Krimi ist ebenfalls Fotograf, aber ein alter Mann, der unter Demenz leidet. Bevorzugtes Objekt von Erik Hamann (Bernd Birkhahn) ist Regina Schilling (Stephanie Eidt) im Haus gegenüber. Eines Nachts sieht der alte Herr, wie es zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung kommt.
Dummerweise hat er vergessen, seine Kamera mit einem Film zu bestücken. Am nächsten Tag ist die Nachbarin spurlos verschwunden und die Wohnung sorgsam gesäubert. Alles, was Hamann den Polizistinnen als "Beweis" für seine Beobachtung vorweisen kann, ist ein Zettel, auf dem er "Blut" notiert hat.
Das ist schon mal eine gute Ausgangslage, die durch die Person des mutmaßlichen Opfers noch interessanter wird: Regina Schilling hat ihre Wohnung seit fünf Jahren nicht mehr verlassen; was sie zum täglichen Leben braucht, lässt sie sich liefern. In dieser Zeit ist sie dank der "MeeToo"-Kampagne zur Bestsellerautorin geworden: Unter dem Pseudonym Judith Fromm verfasst sie Thriller, in der vergewaltigte oder gedemütigte Frauen zu Erinnyen werden, so benannt nach den drei Rachegöttinnen aus der griechischen Mythologie; bei den alten Römern waren sie als Furien bekannt. So bezeichnet auch eine Widersacherin die Schriftstellerin: Eine Generalswitwe (Nina Petri) wirft der Autorin vor, sie habe ihr vor fünf Jahren den Mann ausspannen wollen und ihn dann, als er reumütig zurückgekehrt ist, umgebracht. Sie und Regina verbindet seit den gemeinsamen Jahren in einem ostdeutschen Kinderheim zudem eine spezielle Beziehung.
Die meisten Krimis würden sich mit dieser personellen Gemengelage begnügen, aber das Drehbuch setzt noch eins drauf und bringt weitere Frauen ins Spiel, die aus Sicht der Ermittlerinnen gleichfalls ein Motiv hätten. "Für immer" ist ohnehin stark weiblich dominiert, auch hinter der Kamera: Regie führte Maria von Heland, die Bildgestaltung besorgte Jutta Pohlmann; die optische Ebene ist von besonderer Sorgfalt, die Musik (Alex Komlew) hebt sich ebenfalls vom üblichen TV-Krimi ab. Sehenswert ist der Film dennoch vor allem wegen der beiden Hauptdarstellerinnen, zumal Buch und Regie immer wieder für beiläufig einstreuten Humor sorgen. Dank der Harmonie, die mittlerweile zwischen ihnen herrscht, muss auch nicht mehr alles ausgesprochen werden; mitunter ersetzen beredte Blicke ganze Dialogsätze. Und während es zwischen Julia und Staatsanwalt Hans Gaup (Götz Schubert) ein wenig kriselt, findet Irene ein kleines Glück. Auf den Prolog mit dem vermeintlichen Mord folgt eine angemessen temporeich inszenierte Razzia in einer Bar, die zwar ergebnis-, aber nicht folgenlos verläuft: Barbesitzer Rado (Ivan Shvedoff) und die Kommissarin sind ordentlich voneinander angetan; die Flirts bereichern den Krimi um einige sehr sympathische romantisch-heitere Szenen. "Für immer" erfreut ohnehin nicht zuletzt durch die gute Mischung; zum Finale, in dessen Verlauf die Kommissarinnen gleich zwei Leben retten müssen, wird es ziemlich spannend.