Im Spreewald auf einem kleinen Bauernhof ist Anne-Maria Apelt aufgewachsen und seither eine Naturliebhaberin. Schon als Kind ist sie alleine durch den Wald gestreift und hat immer wieder Spannendes entdeckt. Im Gespräch mit evangelisch.de beschreibt sie es so: "Meine Eltern haben mir eine große Freiheit gelassen. Ich konnte meinem Entdeckergeist freien Lauf lassen, und daher kommt die Verbundenheit zur Natur."
Ihre Oma sei ihr dabei ein Vorbild gewesen, diese hatte als Landwirtin eine ganz natürliche Verbindung zur Natur. In ihrem ersten Buch "Grüne Wunder erleben" schreibt Apelt, dass die Natur schon damals wie ein zweites Zuhause für sie war. Draußen fühlte sie sich sicher und machte ihre ersten Gotteserfahrungen. Diese Verbundenheit ist bis heute geblieben. Nach 20 Jahren in der Stadt wohnt die Autorin jetzt wieder in ihrer alten Heimat.
Die ausgebildete Wildnispädagogin schreibt nicht nur Bücher, sondern arbeitet vor allem als Beraterin und Seelsorgerin – am liebsten in der Natur. Sie begleitet Menschen in Krisen, Umbrüchen und den unterschiedlichsten Lebensphasen. Unter Apelts Anleitung können sie Erfahrungen in der Natur machen und sich selbst besser kennen lernen.
Als sogenannte Visionssucheleiterin bietet sie Workshops an, bei denen Menschen mehrere Tage im Freien verbringen, sich alleine, aber auch in einer Gruppe mit ihrer Lebenssituation auseinandersetzen und neue Erkenntnisse gewinnen. Dabei geschehe eine innere Transformation durch die Spiegelbildlichkeit der Natur. Die Christin beschreibt, dass die Teilnehmenden mit ihren Fragen und ihren Prozessen eine Erfahrung in der Natur machen und in dieser Erfahrung sich selbst sehen. "Ihre Themen, ihr Charakter, ihre Fragen werden sichtbar durch die Begegnung in der Natur", erklärt sie. Die Aussöhnung mit sich selbst und die Akzeptanz des Ist-Zustands sei dabei wichtig.
Orientierung am Sonnenlicht
Das ganze Jahr über ist Apelt in der Natur unterwegs, und das nicht nur beruflich. Die Jahreszeiten sind für sie dabei das Grundgerüst, zu dem alle Menschen, ob sie in der Stadt wohnen oder auf dem Land, eine Verbindung haben - und genau darüber hat sie mit Nicole Schweiger zusammen ein Buch geschrieben.
Es heißt "Im Einklang mit dem Jahreskreis" und hält eine ganze Menge an Impulsen, Bastelideen und Erfahrungsübungen für jeden einzelnen Monat des Jahres bereit. Das Buch beginnt im Winter, genau genommen im November. Bei der Aufteilung des Jahreskreises haben sich Apelt und Schweiger nicht am meteorologischen Kalender, sondern am Sonnenlicht orientiert. So beginnt beispielsweise der Frühling in ihrem Buch im Februar, wenn die Tage wieder länger werden und die ersten Aussaaten getätigt werden können.
Ende September 2022 erscheint das neue Buch, in dem viele Impulse gegeben werden, selbst raus zu gehen und Erfahrungen in der Natur zu machen. Ganz niederschwellig, ohne gleich in der Wildnis zelten zu müssen. Apelt ist der Meinung, dass der Mensch in der Natur zwangsläufig mit der Frage nach etwas Größerem konfrontiert werde und manchmal auch mit der Frage nach der eigenen Identität. Wahrscheinlich passiere das nicht bei einem Spaziergang mit dem Hund, aber wenn eine wirkliche Auseinandersetzung mit der Natur stattfinde, dann entdecke man etwas Wirkliches, etwas Unverstelltes - und vielleicht begegne man auch Gott.
Meditation mit Naturmaterialien
Apelt und Schweiger erinnern in ihrem Buch an uralte Traditionen, mehr oder weniger bekannte kirchliche Feiertage und Feste aus anderen Kulturen. Im Oktober wird beispielsweise das Erntedankfest behandelt und anschließend gibt es Impulse zu den Themen "Der Natur etwas zurückgeben", dem Vogelzug und dem Aufbrechen zu neuen Ufern. Außerdem wird eine Naturmeditation mit Hilfe eines Mandalas vorgeschlagen. Dabei soll der oder die Lesende Kostbarkeiten aus der Natur sammeln, wie beispielsweise Blätter, Kastanien oder Hagebutten und daraus auf dem Boden ein Mandala legen. Im Zentrum steht eine intensive Auseinandersetzung mit den Materialien, sie werden genau betrachtet, ihre Struktur gefühlt, ihr Geruch wahrgenommen.
Mit ihrem Buch möchten Apelt und Schweiger zeigen, dass es ganz unterschiedliche Wege gibt, sich tiefer mit der Natur zu verbinden, dabei Neues zu erfahren und Gott zu suchen. Es liegen unendliche viele Schätze in der Natur, die es zu entdecken gibt. Ein Do-it-yourself-Tipp zu Beginn des Buches beschreibt, wie wohltuend es sein kann, Naturmaterialien auf einem Jahreszeitentisch in unser Zuhause zu integrieren und uns selbst immer wieder daran zu erinnern, dass auch wir Natur sind und mit allem verbunden.
"Sinneserfahrungen stärken spirituelles Erlebnis"
In der Natur können Menschen laut Apelt andere Erfahrungen sammeln als mit dem Kopf. In ihre Beratung kommen oft Menschen, die sich in der Kirche oder in spirituellen Kontexten nicht mehr beheimatet fühlen. Denn die Beratung, die sie mache und die Verbindung in die Natur, die sie herstelle sei eine sehr spirituelle Arbeit, die den Körper anspreche und nicht den Kopf. Körpernah und erfahrungsbasiert zu sein, das sei "nicht die größte Stärke der Kirchen in Mitteleuropa".
Apelt betont, dass sie keine gezielt "christliche Arbeit" mache, zu ihr kämen Menschen mit ganz unterschiedlichen religiösen Prägungen. Ihr Glaube spiegle sich jedoch oft in Formulierungen oder Ansichten wieder. Trotzdem könne es passieren, dass Menschen ihre Erfahrungen in der Natur im Nachhinein christlich einordnen und beispielsweise sagen: "Das war etwas Göttliches, das war Gott."
In der Kirche fehle es oft an Sinnlichkeit, da seien andere Kulturen besser aufgestellt, sagt Apelt. Denn die sinnliche Wahrnehmung, etwas zu riechen, könne die spirituelle Erfahrung stärken, beeinflussen oder überhaupt etwas zeigen. "Denn wenn ich nicht verstehe mit dem Kopf, dann kann mein Körper vielleicht verstehen. Und deswegen benutze ich Symbole, wie Räuchern, Salbung oder Öl", beschreibt die Autorin. Sie liebt ihre Arbeit, denn sie darf dabei sein, wenn Menschen eine Entdeckung bei sich selbst machen und Veränderungen geschehen. Sie sagt, das passiere "manchmal wie durch ein Wunder. Dass etwas plötzlich anders ist."
Die aktuellen Auswirkungen des Klimawandels, wie die Trockenperioden im Sommer, stören ihre Arbeit an sich nicht. Apelt nimmt die Natur immer so an, wie sie in dem Moment ist, ohne zu bewerten, ob etwas dem Klimawandel unterliegt oder nicht. Trotzdem nimmt sie ihn wahr und ist der Überzeugung, dass der Mensch eine Verantwortung hat, die Erde zu bewahren, unabhängig von der religiösen Prägung.
"Christen haben vielleicht einen Zugang, weil sie sich als Geschöpfe einer größeren Ordnung sehen können", vermutet sie. Zu sagen, dass der Mensch die Krone der Schöpfung sei, hält sie für ein großes Missverständnis, denn die Entwicklung der Natur sei noch nicht an ihr Ende gekommen. Der Mensch sei Teil der Natur und habe keine Erlaubnis, diese auszubeuten oder zu beherrschen.
Das Buch "Im Einklang mit dem Jahreskreis" von Anne-Maria Apelt und Nicole Schweiger erscheint Ende September 2022 im adeo-Verlag.