Ein Drittel der Bevölkerung fürchtet laut einer Umfrage noch in diesem Jahr unbezahlbare Rechnungen. Das ergab eine Online-Umfrage des Instituts Civey im Auftrag der Funke Mediengruppe. 33 Prozent der Befragten bejahten laut den am Donnerstag veröffentlichten Ergebnissen der Untersuchung die Frage "Machen Sie sich aufgrund der steigenden Energiepreise Sorgen, dass Sie in den nächsten drei Monaten Ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können?"
Doch eine deutliche Mehrheit von 58 Prozent verneinte die Frage, ob er oder sie Rechnungen in den nächsten drei Monaten nicht bezahlen könne. 9 Prozent waren unentschieden.
Sorgen machen sich nach dieser Umfrage vor allem Anhänger der AfD und der Linken, hieß es weiter: Von den AfD-Anhängern äußerten 61 Prozent die Befürchtung, wegen steigender Energiepreise Rechnungen nicht mehr bezahlen zu können. Bei den Linken-Wählern betrug dieser Anteil 54 Prozent.
Bei den Anhängern der anderen Parteien herrsche hingegen mehr Gelassenheit: Der Anteil derer, die künftige Rechnungen fürchteten, reiche von 17 Prozent bei FDP-Wählern bis 33 Prozent unter den Anhängern von CDU und CSU. Die Umfrage fand online vom 15. August bis 14. September statt. 10.024 repräsentativ ausgewählte erwachsene Bürgerinnen und Bürger nahmen teil.
Soziologe warnt vor Radikalisierung der Proteste gegen Klima- und Energiekrise
Interessant sind Entwicklungen wie Ängste vor Energie- oder Klimakrise auch aus Sicht der Extremismusforscher. So warnt der Soziologe und Rechtsextremismusforscher Matthias Quent warnt vor einer Radikalisierung der Proteste gegen die Energie- und Klimakrise. "Dass Rechtsextreme Proteste anzetteln und dafür Tausende aus verschiedenen Milieus mobilisieren können, haben wir zuletzt in Magdeburg, Plauen und anderswo gesehen", sagte der Professor für Soziologie an der Hochschule Magdeburg-Stendal dem "Tagesspiegel" am Mittwoch. Ideologen der Neuen Rechten wie der Verleger Götz Kubitschek entwickelten wie schon zuvor bei den Corona-Protesten erneut entsprechende Strategien und Narrative.
Jetzt heiße es: Nach dem Corona-Lockdown komme der Klima-Lockdown. "Wenn dann der Schluss daraus ist, man müsse sich gegen Wohlstandsverluste oder gar eine angeblich drohende Diktatur verteidigen, dann kann das zu Gewalt führen", sagte Quent.
Die Strategie der äußersten Rechten sei dabei, Ostdeutschland als Hebel zu benutzen. Mit der Angst vor den Protesten solle Politik beeinflusst werden: "Man kann jetzt schon beobachten, dass das Schicksal der Menschen in der Ukraine für diese Gruppen kaum noch eine Rolle spielt. Nationale Fragen sind auf dem Vormarsch und können leicht nach rechts politisiert werden." Das sei in Ostdeutschland besonders anschlussfähig, hier sei auch die Bereitschaft zum Protest hoch.
Extremismusforscher: Vieles hänge davon ab, wie gerecht Sozialpolitik ausfällt
In Westdeutschland passiere das weniger auf der Straße. "Die Zustimmung zu chauvinistischer Politik ist aber nicht viel niedriger", sagte Quent. Wie groß am Ende die Anschlussfähigkeit ist, hänge davon ab, wie gerecht die Sozialpolitik der Bundesregierung ist und welche alternativen Protestangebote es gebe.