Bevor der Pilger und Einsiedler Sebaldus im Jahr 740 starb, soll er verfügt haben, seinen Leichnam auf einen Ochsenkarren zu legen und die Tiere frei laufenzulassen. Wo sie hintrotteten, wollte er begraben sein. Für den wundertätigen Mann bauten die Nürnberger an der Stelle seines Grabs später die Sebalduskirche.
Sebaldus, im Jahr 1425 heiliggesprochen, gilt als Patron der Blinden, des Viehs und gegen Kälte. In der Kunst dargestellt wird der Heilige oft mit zwei Ochsen an seiner Seite oder mit einem Modell dieser Sebald-Kirche.
Mit einem Pilgerstab und einer Kirche in seinen Armen hat einen Sebaldus nun auch die Künstlerin Birgit Jönsson geschaffen. Als Dankeschön für ihre 30 Berufsjahre als Figurenbeutenschnitzerin habe sie sich den Nürnberger Stadtpatron vorgenommen, erzählt sie. Aus einer 80 Jahre alten Eiche sägte sie mit der Kettensäge den fast drei Meter hohen Mann heraus.
Als Halb-Dänin hat sie ihm noch eine Krone zu Füßen gelegt, erklärt Jönsson, denn zu gerne glaube sie die Legende, nach der Sebald, ein dänischer Prinz, seine Braut, eine französische Prinzessin, vor der Hochzeitsnacht verlassen habe, und stattdessen das Einsiedlerleben wählte.
Spezialisiert auf "Beuten" für Bienvölker
Künstlerin Jönsson hat sich auf das fast vergessene Schnitzen von sogenannten "Beuten" spezialisiert. "Das sind schlüsselfertige Luxuswohnungen für Bienenvölker" scherzt die Nürnbergerin. Als es den Waldimkern vor vielen hundert Jahren nicht mehr erlaubt war, auf die Bäume zu klettern und dort oben ihre Bienenbeuten auszuhöhlen, entstanden am Boden die sogenannten Klotzbeuten. Aus den Baumstämmen mit einem Hohlraum für das Bienenvolk wurden im Laufe der Zeit in der Lausitz, in Thüringen, Böhmen und Schlesien immer kunstvollere Figuren.
"Aus der Volkskunst und Tradition der Figurenbeuten sind uns mehrere Heiligenfiguren überliefert", erklärt Jönsson. So gab es den sogenannten Zwölf-Apostelstand mit etwa 20 Figurenbeuten in Löwenberg. Die Heiligenfiguren, welche gleichzeitig Bienenstöcke darstellten, sollten einen Bienenstand unter ihren Schutz stellen. Die Figurenbeuten aus ihrer Werkstatt, über 60 an der Zahl, würden in Europa verteilt stehen und Land und Leute, Tradition und Brauchtum zusammenbringen, "während sie Bienen ein- und ausatmen, die nebenbei befruchten, was sie finden."
"Auch der heilige Sebald ging in den Wald und als Skulpturen, in denen die Bienen wohnen, bevorzuge ich Persönlichkeiten, die ganze Generationen in Bewegung gehalten haben", erklärt Jönsson. Durch ihre Arbeit werde ein gefällter Baum mit einem Volk Honigbienen wiederbelebt.
"Als der Krieg gegen die Ukraine begann, war ich ganz froh, dass ich mir gerade St. Sebald als Bienenstock vorgenommen hatte", sagt sie. Bei ihrer Arbeit komme sie nicht umhin, Tag für Tag bei der Arbeit das Stoßgebet gegen Himmel zu schicken: "St. Sebald hilf". Drei Monate dauerte die Arbeit. Sebaldus sei fertig geworden und der Krieg dauere noch an. Es sei kein Wunder geschehen, aber sie habe eine Struktur geschaffen, an der sie sich festhalten könne.
St. Sebald, der eine Tonne schwer ist, wird künftig seinen Platz im Garten der Burg Grünsberg bei Altdorf haben. Nun, am 19. August aber, dem Sebaldustag, stand ein Ausflug nach Nürnberg auf dem Reiseplan - nicht mit dem Ochsenkarren, aber mit einem 300-PS-Gefährt, wird er auf die Freiung vor der Sebalduskirche gebracht, verrät Jönsson. Dort sollte er dann auf die Besucher des ökumenischen Vespergottesdienstes zum 950-jährigen Sebalduspatronat und anschließend auf ein geselliges Beisammensein zu seinen Füßen blicken.