Nach Abberufung von RBB-Intendantin Patricia Schlesinger durch den Rundfunkrat des Senders hat der stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, Dieter Pienkny, der ehemaligen Intendantin fehlendes Schuldbewusstsein vorgeworfen. "Ich hatte das Gefühl, Frau Schlesinger befindet sich in einem Paralleluniversum", sagte Pienkny am Dienstag im RBB-Inforadio über den Auftritt der Ex-Intendantin bei der Rundfunkratssitzung des Vortages.
So habe sie zwar alle Erfolge der vergangenen Jahre unter ihrer Führung aufgezählt. Zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen etwa mit Blick auf ihre eigene Gehaltserhöhung angesichts eines rigiden Sparkurses im Sender habe sie sich aber nicht geäußert.
Der RBB-Rundfunkrat hatte am Montagabend die zuvor zurückgetretene RBB-Intendantin Schlesinger mit sofortiger Wirkung von ihrem Amt abberufen. In geheimer Abstimmung hatten sich 22 von 23 anwesenden Mitgliedern des Gremiums für diesen Schritt ausgesprochen.
Gewerkschaft DJV begrüßt Abberufung Schlesingers
Rundfunkratsvorsitzende Friederike von Kirchbach betonte am Montagabend, die Gründe für die Abberufung Schlesingers würden auch eine sofortige Kündigung rechtfertigen. Diese kann aber nur der RBB-Verwaltungsrat aussprechen. Unterdessen begrüßte auch die Gewerkschaft DJV die Abberufung Schlesingers.
Die zurückgetretene RBB-Intendantin Patricia Schlesinger ist mit sofortiger Wirkung von ihrem Amt abberufen worden. Die Gründe für den Beschluss des Rundfunkrates vom Montagabend lägen in der Person Schlesingers und würden auch eine fristlose Kündigung rechtfertigen, sagte die Vorsitzende des Kontrollgremiums des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), Friederike von Kirchbach, im Anschluss in Berlin. 22 der anwesenden 23 Mitglieder des Rundfunkrates hätten für die Abberufung gestimmt, ein Mitglied habe sich enthalten.
Der Rundfunkrat habe mit der Entscheidung ein "klares Zeichen" gesetzt, auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sagte Kirchbach und sprach von einer sehr weitgehenden Entscheidung. Die Auflösung des Dienstvertrags mit Schlesinger sei nun Aufgabe des Verwaltungsrates des Senders. Zur Frage einer möglichen Abfindung und weiterer Gehaltszahlungen wurden keine Angaben gemacht.
Dem Gremium mit 30 Sitzen gehören derzeit 28 Frauen und Männer an, die gesellschaftliche Strömungen, Verbände und Politik vertreten. Schlesinger nahm zu Beginn zeitweilig auch selbst an der Sitzung des Rundfunkrates teil.
Der Berliner Landesverband des Deutschen Journalisten-Verbandes begrüßte die Entscheidung des RBB-Rundfunkrates. Der Beschluss sei "richtig und konsequent", erklärte der Landesvorsitzende Steffen Grimberg am Montagabend: "Dass dieser Beschluss fast einstimmig gefallen ist, zeigt, wie nachhaltig die Vertrauensbasis zwischen dem obersten RBB-Gremium und Frau Schlesinger zerstört ist."
Der Fall hat auch eine neuerliche Debatte über Reformen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk angestoßen. Der brandenburgische CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Redmann forderte nach dem Beschluss des Rundfunkrates, die Strukturen so zu reformieren, dass vergleichbare Vorgänge künftig nicht mehr möglich sind. Rundfunk- und Verwaltungsrat müssten in ihren Aufsichtsfunktionen stärker gefördert und gefordert werden, betonte er. Außerdem sei in den Rundfunkstaatsverträgen ein Orientierungsrahmen für die Vergütung der Intendanten erforderlich. Deren Entgelt müsse sich am öffentlichen Dienst orientieren. Bezüge oberhalb eines Ministerpräsidenten halte er für nicht angemessen.
Rundfunkrat solle besser ausgestattet werden
Der Regisseur Andres Veiel, der selbst Mitglied des RBB-Rundfunkrats ist, forderte am Montag eine bessere Ausstattung der Kontrollgremien. Der ehrenamtliche Rundfunkrat bräuchte für bestimmte Fragen ein eigenes Budget, um sich Rat von Fachleuten einholen zu können, sagte Veiel der "Märkischen Allgemeinen Zeitung": "Es geht schließlich um öffentliches Geld." Weder Rundfunkrat noch Verwaltungsrat hätten es geschafft, die Senderführung angemessen zu kontrollieren. Auch Medienpolitiker der Regierungsfraktionen im Bundestag forderten am Montag Strukturreformen bei den öffentlich-rechtlichen Sendern.
Patricia Schlesinger war seit 2016 RBB-Intendantin und hatte ihr Amt an der Spitze des Senders am Sonntag vor einer Woche nach Vorwürfen der Vetternwirtschaft, Vorteilsnahme und Verschwendung aufgegeben. Zuvor war sie bereits vom ARD-Vorsitz zurückgetreten, den sie seit Jahresbeginn innehatte.