Der Wiederaufbau in den Hochwassergebieten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz erfordert nach Einschätzung der Diakonie Katastrophenhilfe einen langen Atem. "Wir würden die Wiederaufbauhilfen gerne schneller auszahlen", sagte der Direktor der Diakonie-Katastrophenhilfe, Martin Keßler, am Montag bei einer Online-Pressekonferenz. Es hake jedoch bei der Ermittlung von Schadenshöhen sowie vorgelagerten Anträgen für Versicherungen und staatliche Hilfen. Diakonie und Evangelische Kirche im Rheinland (EKiR) kündigten an, ihre psychosoziale Unterstützung für die Menschen in den Flutgebieten fortzusetzen.
Bei der Flutwelle im Ahrtal sowie in Gebieten vor allem mit kleineren Flussläufen und Zuflüssen als Folge von Starkregen Mitte Juli vergangenen Jahres waren in Rheinland-Pfalz 135 Menschen ums Leben gekommen, 134 von ihnen im Ahrtal. In Nordrhein-Westfalen waren etwa 180 Kommunen betroffen, 49 Menschen starben.
Ein Jahr nach der Katastrophe seien erst knapp 50 Anträge für Wiederaufbauhilfen eingegangen, berichtete Ulrich Christenn, Leiter des Zentrums für Drittmittel und Fundraising bei der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe (RWL). "Wir hatten gedacht, dass es damit wesentlich schneller vorangeht." Spendengelder für den Wiederaufbau dürften Hauseigentümern jedoch erst dann ausgezahlt werden, wenn die Höhe von Versicherungsleistungen und staatlichen Hilfen ermittelt sei, erklärte Keßler. Dies verzögere sich, unter anderem durch den Mangel an Gutachtern und Handwerkern. Auch Schwierigkeiten bei der Antragsstellung für staatliche Hilfen sorgen laut Diakonie RWL mitunter dafür, dass sich Verfahren in die Länge ziehen.
Für den Wiederaufbau stehen laut Diakonie Katastrophenhilfe zehn Millionen Euro aus Spenden bereit. Von den bislang insgesamt eingenommenen 43,3 Millionen Euro Spendengeldern seien bereits 11,3 Millionen Euro ausgegeben worden. Weitere 25 Millionen Euro seien fest verplant.
Ungebrochen sei die Nachfrage nach Haushaltsbeihilfen. "Viele Menschen brauchen auch jetzt noch Unterstützung beim Wiederbeschaffen grundlegender Dinge wie Möbel und Haushaltsgeräte", sagte Kirsten Schwenke, juristische Vorständin der Diakonie RWL. Bislang seien dafür rund drei Millionen Euro an rund 1.000 Antragsteller ausgegeben worden. Insgesamt stünden für Haushaltsbeihilfen rund 5,5 Millionen Euro zur Verfügung. Vor allem in der ersten Phase nach der Katastrophe seien außerdem 2,8 Millionen Euro unbürokratisch als Soforthilfen an mehr als 6.000 Haushalte ausgegeben worden.
Die Diakonie werde in den Hochwassergebieten so lange vor Ort sein wie notwendig, kündigte Schwenke an. Das gelte auch für die psychosoziale Hilfe. Die Diakonie Katastrophenhilfe RWL kündigte an, die psychosoziale Begleitung in Kooperation mit der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) mindestens um ein weiteres Jahr bis Ende August 2023 fortzusetzen.
"Der Seelsorgebedarf in der zermürbenden, sich hinziehenden Wiederaufbauphase ist enorm", sagte EKiR-Vizepräses Christoph Pistorius. Insgesamt seien zehn mobile Fluthilfe-Teams mit insgesamt 45 Mitarbeiter:innen in den Hochwassergebieten unterwegs. Sie berieten Betroffene beim Beantragen staatlicher Hilfen und stünden ihnen bei Problemen und Ängsten zur Seite.
Unter dem Namen Diakonie Katastrophenhilfe RWL haben sich die beiden diakonischen Werke Katastrophenhilfe und RWL in Kooperation mit der rheinischen Landeskirche zusammengeschlossen.