Nach dem verheerenden Erdbeben in Afghanistan ist nach UN-Angaben die Hilfe für die überlebenden Opfer angelaufen. "Wir kennen noch nicht das ganze Ausmaß der Verwüstung, aber wir glauben, dass Hunderte von Menschen getötet wurden, darunter viele Frauen und Kinder", erklärte der Repräsentant des Kinderhilfswerks Unicef in Afghanistan, Mohamed Ayoya, am 22.6. in Kabul.
Viele weitere Menschen seien verletzt worden und etliche Häuser beschädigt oder zerstört. Unicef habe mindestens zwölf medizinische Teams und mehrere mobile Gesundheits- und Ernährungsexperten in die Provinzen Paktika und Khost, entsandt.
Die Behandlung von Traumata, die Errichtung von Notunterkünften, Nahrungsmittelhilfe sowie die Lieferung von Wasser und sanitären Einrichtungen sind laut dem UN-Büro zur Koordinierung humanitärer Hilfe dringend geboten. Die Weltgesundheitsorganisation und andere UN-Agenturen beteiligten sich an der Soforthilfe.
Das Verteidigungsministerium habe fünf Hubschrauber in die Provinz Paktika für Evakuierungen geschickt. Starker Regen und Wind behinderten jedoch die Rettungsarbeiten. Eine Hauptstraße sei für den gesamten zivilen Verkehr gesperrt ist, um den Transport von Verletzten zu erleichtern.
Das Beben verschärft Helfern zufolge die ohnehin drastische Not in dem Land am Hindukusch. "Afghanistan befindet sich in einer dramatischen Gesamtlage", sagte der Landesdirektor der Welthungerhilfe in Afghanistan, Thomas ten Boer, dem Evangelischen Pressedienst. Das Erdbeben treffe das angeschlagene Land schwer und stelle eine Katastrophe mehr dar.
Rund 95 Prozent der Bevölkerung - etwa 20 Millionen Menschen - wüssten nicht, wie sie sich ernähren sollen, erklärte ten Boer. Hinzu komme, dass Tausende Menschen aus dem Iran nach Afghanistan zurückkämen und auch untergebracht sowie versorgt werden müssten. Die Wirtschaft liege brach, die Versorgungslage sei generell sehr schwierig. Nach der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban im Sommer vergangenen Jahres hatte sich humanitäre Lage in Afghanistan immer weiter verschärft.
Das Beben in der afghanisch-pakistanischen Grenzregion treffe Afghanistan nun umso mehr, erklärte ten Boer. "Klar ist, dass das Land die Auswirkungen mit eigenen Kräften kaum bewältigen kann", sagte er. Das betreffe die unmittelbare Katastrophenhilfe, aber auch den Wiederaufbau und die medizinische Versorgung: "Einmal mehr trifft es Menschen, die aus dem Blickfeld geraten sind."
Ein heftiges Beben hatte in der Nacht zum 22.6. den Osten Afghanistans in der Grenzregion zu Pakistan erschüttert. Bis Mittwochnachmittag gingen die Behörden von mehr als 900 Toten und rund 600 Verletzten aus, wie der afghanische Sender Tolo News meldete. Es wurde aber mit einer weiter steigenden Zahl der Opfer gerechnet.