Das bisher vorherrschende landwirtschaftliche Modell, das auf Ertragssteigerung und Kostensenkung ausgerichtet sei, sei wenig nachhaltig, sagte der Agraringenieur beim "Kirchentag Mensch-Tier-Schöpfung" in Dortmund. Es trage vielmehr zum Klimawandel, zur Belastung des Bodens und der Gewässer und zum Verlust der biologischen Vielfalt bei.
"Das aktuelle Ernährungssystem ist geprägt von Lebensmitteln, die an der Kasse wenig kosten, deren Produktion aber Schäden an der Umwelt verursacht", erklärte Dirk Hillerkus, der Mitarbeiter des Instituts für Kirche und Gesellschaft der Evangelischen Kirche von Westfalen ist. Die Kosten dieser Schäden würden bisher von der Allgemeinheit getragen. Als Beispiel nannte Hillerkus die Nitratbelastung der Gewässer durch die Tierhaltung, die über einen erhöhten Wasserpreis bezahlt werde.
Die Suche nach neuen Absatzmärkten für die Überproduktion und die Exportorientierung störe Märkte unter anderem in afrikanischen Ländern, kritisierte der Agrarexperte. Die Mehrproduktion trage auch nicht zur Sicherung der Welternährung bei.
Dass weltweit Millionen Menschen hungerten, habe vielmehr strukturelle Gründe wie Armut, Verteilungsprobleme und fehlenden Zugang zu Land. 60 Prozent des in der EU erzeugten Getreides würden zudem als Viehfutter verwendet. "Die EU hat sich zur Fleischtheke der Welt entwickelt - das ist ein Luxus, den wir uns langfristig nicht leisten können", erklärte er.
Umwelt-, Klima- und Tierschutz muss sich lohnen
Die Landwirte selbst gerieten in der industrialisierten Agrarwirtschaft in immer größere Abhängigkeiten, verdeutlichte Hillerkus. Für Dünger, Pestizide, Saatgut und Maschinen müssten sie immer mehr zahlen, die Verkaufspreise an Abnehmer wie Schlachthöfe oder Großhändler dagegen blieben gleich oder gingen zurück.
Eine zukunftsfähige nachhaltige Landwirtschaft müsse stattdessen von Ökologie, Sozialverträglichkeit, Vielfalt, artgerechter Tierhaltung, Regionalität und einer Ökonomie, die dem Leben dient, geprägt sein, forderte Hillerkus. "Es muss ein System geschaffen werden, in dem es sich für Bäuerinnen und Bauern weltweit ökonomisch lohnt, Umwelt, Tiere und Klima zu schützen." Dazu sei eine Strategie des "weniger, aber besser" notwendig.
Weniger Ackerfläche für Futter
Auch die Greenpeace-Expertin Christiane Huxdorff warnte davor, als Folge der gestiegenen Lebensmittelpreise durch den Ukraine-Krieg den Umbau zu einer nachhaltigen Landwirtschaft zu vernachlässigen. Bereits eine Reduzierung der Tierhaltung um zehn Prozent könnte den gesamten Weizen, der aus der Ukraine kommt, kompensieren. Die Ukraine und Russland gehörten zu den wichtigsten Lieferanten von Getreide, Weizen, Mais und Gerste.
Für eine klimaschonende, nachhaltige Landwirtschaft müsse deutlich weniger Ackerfläche für Futtermittel verwendet werden, erklärte die Greenpeace-Expertin. Zudem müsse der Tierbestand verringert und der Einsatz von Pestiziden beendet werden. Auch die Konsumenten müssten ihren Fleisch- und Milchkonsum deutlich reduzieren.
Beim fünften "Kirchentag Mensch-Tier-Schöpfung" in Dortmund geht es bis zum 3.4. in Vorträgen, Workshops, Diskussionen, Ausstellungen und Konzerten um die Rechte von Tieren und die Zukunft der Landwirtschaft.