Die katholischen Bischöfe in Deutschland haben eine politische "Haltung der Entschlossenheit" im Ukraine-Krieg und Hilfe für die Opfer gefordert. In einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung der katholischen Deutschen Bischofskonferenz heißt es, mit dem Ukraine-Krieg sei die regelbasierte Ordnung in Europa aufgekündigt und Europa damit auf den Weg einer ungewissen Zukunft geschickt worden.
"Alle spüren: Die Invasion in die Ukraine ist auch ein Angriff auf Europa und seine Werte", heißt es in dem vierseitigen Text, der zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe im oberfränkischen Vierzehnheiligen veröffentlicht wurde. Europa tue gut daran, sich auf eine lange und schwierige Auseinandersetzung einzustellen. "Eine Haltung der Entschlossenheit und der Eindeutigkeit, jenseits von Hysterie und von taktischem Lavieren, ist nötig, um diese Herausforderung zu bestehen."
Zur Frage der Waffenlieferungen mahnen die Bischöfe bei den politischen Entscheidungsträgern an, präzise zu bedenken, was sie damit aus- und möglicherweise anrichten. Rüstungslieferungen an die Ukraine, die dazu dienten, dass das angegriffene Land sein völkerrechtlich verbrieftes und auch von der kirchlichen Friedensethik bejahte Recht auf Selbstverteidigung wahrnehmen könne, halten die Bischöfe für "grundsätzlich legitim".
Meier fordert Einsatz für Frieden
Die katholischen deutschen Bischöfe stehen uneingeschränkt an der Seite der Ukrainer. "Die deutschen Bischöfe verurteilen das Vorgehen der Russischen Föderation ohne Wenn und Aber. Wir stehen an der Seite der ukrainischen Nation", sagte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Bertram Meier, am Mittwoch während der Frühjahrsvollversammlung im oberfränkischen Vierzehnheiligen.
"Russland hat einen Krieg gegen seinen Nachbarn, die Ukraine, vom Zaun gebrochen", betonte der Augsburger Bischof. Meier forderte zugleich alle christlichen Kirchenverantwortlichen in Russland und der Ukraine auf, sich uneingeschränkt für den Frieden einzusetzen.
Mehrzahl der Ukrainer und Russen sind Christen
Die Mehrzahl der Menschen in der Ukraine und in Russland bekenne sich zum christlichen Glauben, die meisten zur orthodoxen Konfession. "Gerade angesichts des Krieges ist es von herausragender Bedeutung, dass alle Kirchen einmütig das Evangelium Jesu Christi bezeugen", forderte Meier. "Es wäre verheerend, wenn am Ende nationale Zugehörigkeiten und politische Loyalitäten ein größeres Gewicht erlangten als die Botschaft, die dem Christentum geschenkt und aufgetragen ist", sagte er auch mit Blick auf den russisch-orthodoxen Moskauer Patriarchen Kyrill.
Die Bischöfe wendeten sich gegen die Versuche des russisch-orthodoxen Moskauer Patriarchen Kyrill, den russischen Einmarsch zu verteidigen. "Alle wahre Religion lehnt den Krieg ab. Er ist eine Niederlage der Humanität", heißt es in der Erklärung, die der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Georg Bätzing, während einer Pressekonferenz verlas.
Der ukrainische griechisch-katholische Bischof Bohdan Dzyurakh sagte, dass die ukrainischen Pfarrgemeinden in Deutschland zu Anlaufstellen geworden seien. Ukrainische Flüchtlinge würden die Adressen oft als Erstes im Internet finden und dort um Hilfe bitten. Vom ersten Tag an seien die Gemeinden auch zu Zentren geworden, in denen humanitäre Hilfsgüter gesammelt und in die Ukraine transportiert werde. Bischof Bohdan schilderte, dass allein aus der Pfarrei Maria Schutz in München, der Kathedralpfarrei, seit 28. Februar täglich etwa sieben Minibusse und sechs Lkw mit Tonnen von Hilfsgütern wie Lebensmittel und Kleidung in die Ukraine geschickt würden.
Lebensmittellieferung ist vielerorts zu gefährlich
Die humanitäre Lage in den ukrainischen Städten ist nach Ansicht des Weltkongresses der Ukrainer verheerend. Es gebe einen Lebensmittelnotstand in den größeren Städten, die derzeit vor allem unter Beschuss stünden, sagte der Leiter des Büros für die Koordinierung humanitärer Initiativen des Weltkongresses der Ukrainer, Andrij Waskowycz. Das liege nicht daran, dass es keine Lebensmittel gebe, sondern daran, dass Lebensmittellieferungen vielerorts zu gefährlich seien.
Der Weltkongress der Ukrainer habe sich bereits vor der Invasion der russischen Armee in die Ukraine auf die schwierige Versorgungslage vorbereitet. Es gebe ein Netzwerk von Versorgungsstationen. Dafür arbeite man mit Hilfswerken zusammen, wie etwa der Caritas Ukraine oder dem katholischen Osteuropa-Hilfswerk Renovabis, teilte Waskowycz mit, der von 2001 bis 2021 Präsident der Caritas Ukraine war. Es gebe derzeit dennoch die Möglichkeit, Hilfsgüter in die derzeit belagerten ostukrainischen Städte Mariupol und Charkiw zu transportieren.