Die evangelische Hochschule in Nürnberg (EVHN) ging noch einen Schritt weiter und machte auch in ihrer Zusammenarbeit mit der staatlichen pädagogischen Universität in der belarussischen Hauptstadt Minsk einen Schnitt. Eine einstimmige Entscheidung des Präsidiums, sagte EVHN-Vizepräsidentin, Professorin Helene Ignatzi im Interview.
epd: Sie haben die Kooperationen mit Universitäten in Minsk (Belarus) und Kursk (Russland) per einstimmigem Beschluss ausgesetzt. Warum?
Helene Ignatzi: Der DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst) hatte die Hochschulrektoren gebeten, die deutsch-russischen Kooperationen auszusetzen und wir haben auch für Belarus schnell reagiert, weil das Land am Krieg beteiligt ist. Wir wollten klare Kante zeigen. Aber dieser Beschluss ist mit der Hoffnung verbunden, die Zusammenarbeiten bald wieder beleben zu können. Wir sind uns bewusst, wie wichtig internationale Dialoge sind, denn Abgrenzung bringt uns nicht weiter. Gerade mit den Ländern, die keine demokratische Grundhaltung haben, wollen wir den Dialog weiterführen, sobald das wieder möglich ist, um so vielleicht auf sie Einfluss zu nehmen.
Es gibt auch Wissenschaftler in Russland, die sich inzwischen von der Kriegspolitik des russischen Präsidenten distanzieren. Die treffen doch solche Gesprächsabbrüche auch, oder nicht?
Ignatzi: Ja, und das ist bedauerlich. Aber so ist die Strategie der EU und der Bundesrepublik. Entweder gibt es einen Cut oder es gibt keinen, dazu kann es natürlich verschiedene Meinungen geben. Ich habe bei den Konferenzen erfahren, dass versucht wird, Gesprächskanäle offenzuhalten. Außerdem sollen russische Studierende und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Russland, die derzeit in Deutschland sind, weiter gefördert werden.
Welche Konsequenzen haben Ihr Beschluss und der Konflikt für Studierende der EVHN und für die Hochschule selbst?
Ignatzi: Wir überlegen gerade, welche zusätzlichen Angebote wir machen können. Denn wenn nächste Woche die vorlesungsfreie Zeit vorbei ist, kann man nicht weitermachen, als wäre nichts passiert. Es könnte ein Friedensseminar geben, wir denken auch an eine Summer-School zum Thema Frieden.
Die Lage hat Auswirkungen auf unser englischsprachiges Lehrprogramm, an dem zuletzt auch Studierende unserer Partnerhochschulen in Russland und Belarus teilgenommen haben. Auf diese Studierenden müssen wir im nächsten Semester verzichten. Es haben sich außerdem Studentinnen und Studenten bei mir gemeldet, die 2019 bei einem Partnerschaftstreffen in Minsk dabei waren, die sehr aufgewühlt sind. Ich denke, dass wir auch unser psychosoziales Beratungsangebot für die russisch- und ukrainischstämmigen Studierenden und für alle ausweiten, die es in Anspruch nehmen möchten.