Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ein entschlossenes Handeln der westlichen Verbündeten beschworen. "Wir sind entschlossen und handeln geschlossen. Darin liegt unsere Stärke als freie Demokratien", sagte Scholz in einer am 24. Februar ausgestrahlten TV-Ansprache.
Die EU beschloss noch am selben Abend weitere Sanktionen gegen Russland. Zunächst sind das vor allem Exportkontrollen, Maßnahmen gegen den Finanzsektor, Einschränkungen bei der Visavergabe und Sanktionen gegen Einzelpersonen, hieß es in Brüssel. Scholz sagte, die Sanktionen würden die russische Wirtschaft hart treffen.
Der Kanzler betonte in seiner an die deutsche Bevölkerung gerichteten Ansprache, die Lage sei "sehr ernst". "Gerade erleben wir den Beginn eines Krieges, wie wir ihn in Europa so seit mehr als 75 Jahren nicht erlebt haben", sagte der deutsche Regierungschef. "Gerade zwei Flugstunden von Berlin entfernt sitzen im Moment Familien in Luftschutzkellern, Frauen, Männer und Kinder bangen um ihr Leben."
Mit deutlichen Worten verurteilten auch weitere Vertreter der Bundesregierung das Vorgehen des russischen Staatschefs Wladimir Putin. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte, dieser Krieg solle vor allem die Hoffnung der Menschen in der Ukraine zerstören, "dass sie nach Jahrzehnten der Unfreiheit ein Recht auf Demokratie, ein Recht auf Frieden und auf eine bessere Zukunft ohne Unterdrückung haben". Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) erklärte: "Dieser Tag ist eine Zäsur für Europa und die Welt." Am Sonntag, 27. Februar wird es eine Sondersitzung des Bundestags mit einer Regierungserklärung von Scholz zur Lage in der Ukraine geben.
Neue Diskussion über Waffen
Der russische Angriff befeuerte auch wieder die Frage deutscher Waffenlieferungen an die Ukraine. Habeck, als Wirtschaftsminister zuständig für den Bereich der Rüstungsexporte, schloss diese weiter aus: "Wir werden keine Waffen an die Ukraine liefern." Auch Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) verwies auf die restriktive Haltung der Bundesregierung in dieser Frage. Gleichzeitig versicherte sie, Deutschland werde alle Anfragen der Nato-Partner erfüllen.
Derweil boten acht EU-Länder der Ukraine Hilfe im Rahmen des EU-Zivilschutzmechanismus an. Slowenien, Rumänien, Frankreich, Irland, Österreich, Spanien, Schweden und Kroatien hätten sich bereit erklärt, medizinische Ausrüstung, Erste-Hilfe-Sets, Generatoren, Wasserpumpen und Brandschutzausrüstung zu liefern, hieß es aus EU-Kommissionskreisen.
In Deutschland bereiten sich Bund und Länder unterdessen auf die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine vor. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach sich für eine unbürokratische Aufnahme aus. Faeser verwies nach einem Gespräch mit den Fachministerinnen und -ministern der Länder auf den Paragrafen 24 im Aufenthaltsgesetz, der auf Grundlage eines EU-Beschlusses Kriegsflüchtlingen aus einem Land vorübergehenden Schutz ermöglicht. Sie empfehle, sich auf diese Möglichkeit vorzubereiten, sagte Faeser.
Die Innenministerin betonte gleichzeitig, es könnten noch keine verlässlichen Prognosen über Fluchtbewegungen abgegeben werden. Sie rechne zunächst mit einer Fluchtbewegung innerhalb der Ukraine. Nach UN-Angaben hat diese bereits eingesetzt. Menschen flüchteten aus ihren Häusern auf der Suche nach Sicherheit, erklärte UN-Hochkommissar Filippo Grandi. Er forderte, die Grenzen zu den Nachbarländern für Flüchtlinge offenzuhalten.