Eine so gravierende Rechtspflicht wie die Impfung "darf nicht alleine auf Hoffnungen und Wunschvorstellungen beruhen", schrieb Heinig, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht an der Universität Göttingen, in einem Beitrag für die "Neue Osnabrücker Zeitung". Der Gesetzgeber dürfe nicht willkürlich handeln. Mehr Informationen seien als Grundlage für eine Abstimmung im Bundestag unbedingt erforderlich.
Zu klären seien Fragen wie: "Reicht für einen Überlastungsschutz des Gesundheitssystems nicht eine risikoorientierte Impfpflicht, die die schon vorhandene einrichtungsbezogene Impfpflicht ausweitet und zudem bei einem bestimmten Alter und gewissen Vorerkrankungen greift? Wie stark senkt eine Impfung die Infektiösität? Reicht dieser Impfeffekt aus, um allen eine Pflicht zur Impfung zum Schutz Dritter zuzumuten?" Auch müsse gefragt werden, ob der Nutzen für Dritte noch in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Grundrechtseingriffs stehe.
Dies alles seien keine Gewissensfragen, sondern Fragen des Wissens, erklärte Heinig, der auch Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. "Das vorhandene Fachwissen aufzubereiten und dem Bundestag zur Verfügung zu stellen ist Aufgabe der Bundesregierung." Daran ändere auch die Aufhebung der Fraktionsdisziplin nichts. "Zumindest der Öffentlichkeit ist die Regierung belastbare Antworten auf zentrale Fragen für die Einführung einer weitergehenden Impfpflicht bislang schuldig geblieben", kritisierte er.
Der Bundestag debattiert am 26. Januar über die mögliche Einführung einer Corona-Impfpflicht für weitere Teile der Bevölkerung. Für die Orientierungsdebatte, für die fast vier Stunden Zeit eingeplant sind, liegen noch keine konkreten Anträge vor. Es gibt aber mehrere fraktionsübergreifende Vorschläge, wie die ab Mitte März geltende einrichtungsbezogene Impfpflicht ausgeweitet werden könnte.