Entgegen seiner bisherigen Darstellung habe Benedikt doch an der Ordinariatssitzung im Erzbistum München und Freising am 15. Januar 1980 teilgenommen, heißt es in einer am 24. Januar in Rom vom Vatikan verbreiteten Erklärung von Benedikts Privatsekretär Georg Gänswein. In der Sitzung ging es laut dem am Donnerstag präsentierten Gutachten um die Übernahme eines Priesters aus dem Erzbistum Essen, der als Missbrauchstäter aufgefallen war.
Die falsche Aussage Benedikts sei nicht aus böser Absicht geschehen, sondern war Folge eines "Versehens bei der redaktionellen Bearbeitung seiner Stellungnahme", fügte Gänswein hinzu. Wie es dazu kam, werde er in einer noch ausstehenden Stellungnahme erklären. "Dieser Fehler tut ihm sehr leid und er bittet, diesen Fehler zu entschuldigen."
Objektiv richtig bleibe aber die Aussage, dass in dieser Sitzung über einen seelsorgerlichen Einsatz des betreffenden Priesters nicht entschieden worden sei, betonte der Privatsekretär des früheren Papstes. Vielmehr sei lediglich der Bitte entsprochen worden, diesem während seiner therapeutischen Behandlung in München Unterkunft zu ermöglichen.
Die unabhängigen Gutachter der Münchner Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl hatten Hinweise auf mindestens 497 Betroffene sexualisierter Gewalt und 235 Täter zwischen 1945 und 2019 im Erzbistum gefunden. Dem emeritierten Papst Benedikt XVI. wiesen die Gutachter in seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising (1977-1982) Verfehlungen in vier Fällen nach. Der 94-Jährige bestritt die Vorwürfe in einer dem Gutachten beigefügten 82-seitigen Stellungnahme.
Nach den Worten Gänsweins liest Benedikt derzeit aufmerksam die Ausführungen des Gutachtens, "die ihn mit Scham und Schmerz über das Leid erfüllen, das den Opfern zugefügt worden ist". Auch wenn er um eine zügige Lektüre bemüht sei, bitte er sehr um Verständnis, dass die vollständige Durchsicht unter anderem angesichts seines Alters und seiner Gesundheit noch Zeit benötige.