Eine Impfpflicht würde den Schutz von Menschen mit Behinderung und deren Versorgung und Betreuung in der Pandemie verbessern, sagte die Bundesvorsitzende der Lebenshilfe, Ulla Schmidt, dem Evangelischen Pressedienst. "Eine allgemeine Impfpflicht bedeutet für Behinderte mehr Teilhabe, mehr Bewegungsfreiheit und mehr Lebensqualität bei gutem Infektionsschutz."
Die frühere SPD-Bundesgesundheitsministerin unterstrich, Solidarität dürfe nicht nur vom Pflege- und Klinikpersonal verlangt werden. Vielmehr müsse die gesamte Gesellschaft sich solidarisch zeigen gegenüber den in der Pandemie besonders Verletzlichen. Dazu zählten auch Menschen mit Behinderungen.
Zugleich appellierte Schmidt an den Bund, die durch die Corona-Pandemie ausgesetzte Rekrutierung von Fachkräften etwa aus Mexiko oder den Balkan-Staaten wieder aufzunehmen. "Der Fachkräftemangel bereitet auch der Behindertenhilfe Sorgen", sagte sie. Aktuell fielen in den integrativen Einrichtungen viele ausländische Kräfte wegen Reise- oder Rückkehrbeschränkungen aus. "Wir brauchen dringend eine Rekrutierung", sagte Schmidt.
Die Betreuungskräfte in der Behindertenhilfe stoßen laut Schmidt nach zwei Jahren Pandemie an ihre Grenzen. Für ihr Engagement zolle sie ihnen grenzenlosen Respekt. Eine finanzielle Prämie halte sie für lange überfällig.
Einen möglichen Einsatz des Sanitätsdienstes der Bundeswehr für Booster-Impfungen bei Menschen mit Behinderungen beurteilte Schmidt grundsätzlich positiv. Allerdings müssten dies Menschen sein, die auf Behinderte zugehen und in einfacher Sprache mit ihnen sprechen könnten. "Wenn beides gegeben ist, könnte es gehen", sagte Schmidt.
Schmidt, die nicht mehr dem neuen Bundestag angehört, ist seit 2012 Bundesvorsitzende der Bundesvereinigung Lebenshilfe. Von 2001 bis 2009 war die SPD-Politikerin Bundesgesundheitsministerin.