Andrea Ziegler in der Böcklinkapelle
© epd-bild/Christine Suess-Demuth
Die evangelische Gemeindepädagogin Andrea Ziegler in der Böcklinkapelle im Europa-Park in Rust.
Seelsorge im Freizeitpark
Kirche zwischen Wildwasser-Rafting und Achterbahn
Achterbahnen sorgen für Adrenalin und Action im Europa-Park in Rust. Aber es gibt auch Orte der Ruhe und Besinnung - etwa in den drei Kapellen der Anlage. Außergewöhnlich ist, dass sich zwei Seelsorger um Gäste und Mitarbeitende kümmern.
19.11.2021
epd
Christine Süß-Demuth

Als Kind war Andrea Ziegler nur selten in Vergnügungsparks - heute dafür umso mehr. Denn die evangelische Gemeindepädagogin hält dort Andachten zwischen Adrenalin und Action. Seit rund eineinhalb Jahren arbeitet sie im Europa-Park in Rust. Gemeinsam mit ihrem katholischen Kollegen Andreas Wilhelm kümmert sie sich um die kleinen und großen Gäste sowie um Mitarbeitende. Dass Seelsorger in einem Vergnügungspark arbeiten, ist ungewöhnlich. Ob es ein solches Angebot in einem anderen Park gibt, ist nach Angaben des Europa-Parks nicht bekannt.

Die Begeisterung für ihre Arbeit im Freizeitpark, der an manchen Tagen von bis zu 50.000 Menschen besucht wird, ist der jungen Frau mit den braunen Locken anzusehen. Sie liebt es, auf die unterschiedlichsten Besucher zuzugehen und zu hören, was Menschen bewegt, dort „wo sie ihre Freizeit genießen und Spaß haben“. „Alle sind Geschöpfe Gottes, egal wie sie daherkommen“, betont sie.

Sie bezeichnet es als Ehre, an einem Ort zu arbeiten, der für viele Menschen ein Sehnsuchts- oder Urlaubsort ist. Ihr ist es wichtig, dass Kirche nicht darauf wartet, wo Menschen sind, sondern dorthin geht, wo die Menschen sind.

Ruhe-Oase mitten im Trubel

Einer ihrer Lieblingsplätze im weitläufigen Parkgelände ist die nachgebaute norwegische Stabkirche, eine Ruhe-Oase mitten im Trubel. Bei einer kleinen Mitmachaktion kam ein Ehepaar auf sie zu, das seinen 25. Hochzeitstag im Park verbrachte. „Sie haben mich spontan gebeten, sie zu segnen. Das habe ich gerne gemacht“.

Bereits seit 2005 gibt es die Kirche im Europa-Park. Die badische Landeskirche und das Erzbistum Freiburg finanzieren die Stelle, der Europa-Park stellt die Räumlichkeiten wie etwa die drei Kapellen zur Verfügung. Unter dem Motto „ökumenisch, fröhlich, kreativ - und immer für die Menschen da“ feiern die Diakonin und der Diakon Andachten und Gottesdienste.

Gemeinsam mit ihrem Kollegen bekommt sie auch viele Anfragen für Hochzeiten oder Taufen. Die können nicht nur in der Stabkirche, sondern auch in der St. Jakobuskapelle im Hotel Santa Isabel oder der Böcklin-Kapelle gefeiert werden. Dafür machen manche eine weite Reise: Eine Familie reiste extra von Bremen an, um auch ihr zweites Kind im Europapark taufen zu lassen.

Ob Jesus wohl Achterbahn fahren würde?

Adrenalin und Nervenkitzel suchen nicht nur viele Besucher. Auch ihr katholischer Kollege Diakon Andreas Wilhelm ist von den schnellen Achterbahnen wie Blue Fire oder Silver Star begeistert, erzählt Ziegler. Ob Jesus wohl Achterbahn fahren würde? „Ja“, sagt Ziegler überzeugt: „Er würde sich dann bestimmt neben jemanden setzen, der Angst hat.“

Die evangelische Gemeindepädagogin Andrea Ziegler in einem ihrer Lieblingsplätze, der nachgebauten norwegischen Stabkirche, im Europa-Park in Rust.

Sie selbst bevorzugt eher gemächlichere Bahnen wie die die Bootsfahrt „Piraten in Batavia“. Ihre Lieblingsattraktion ist aber das Flying Theater „Voletarium“. Dabei fasziniert sie das Gefühl der Leichtigkeit und wie ein Vogel durch die Lüfte über Europa zu schweben: „Die könnte ich stundenlang fahren.“ Herzlich grüßt sie einen Platzanweiser, den sie gerade das erste Mal persönlich trifft, da sie ihn bisher nur online über die Internetplattform Instagram kannte.

Über Instagram hat sie mittlerweile eine Fangemeinde von mehr als 1.000 Mitgliedern. Dort folgen ihr nicht nur Christinnen und Christen, sondern auch „kirchenferne“ Menschen, die sich über ihre Fotos und Texte rund um den Freizeitpark freuen.

Über die verschiedenen Internetplattformen entstehen auch echte und tiefgründige Kontakte, betont sie. Sie erreiche damit Menschen, die nie eine Kirche betreten würden. So habe sie ein junger Mann gebeten, seinen Text über den Tod seines Freundes mit einem Gebet zu versehen.

Andrea Ziegler liebt es durch den Park zu gehen und immer wieder neue viele Details zu entdecken: „Durchatmen, entspannen, den Trubel an einem vorbeiziehen lassen.“ Und auch für Selfie-Fans hat sie einen Tipp parat: Im Themenbereich Irland „mit jedem Schaf, das einem begegnet, ein Selfie machen - das werden wunderbare Bilder!“